Hallo Sandrine!
Also ich habe sehr viel profitiert von dem Workshop. Ein paar Monate vorher hatte ich mich entschlossen, dorthin zu gehen und hab mich total verrückt gemacht, hatte Angst, als ich am Bahnhof in Speyer war, wollte ich am liebsten wieder umdrehen. Es gehört schon Mut dazu, sich so seinem Problem zu stellen. Ich bin auch erst da gestanden wie ein scheues Reh. Aber ich habe die Angst mitgebracht und wurde von der Gruppe aufgefangen. An diesem Wochenende hat sich mein Leben wirklich um 180 Grad gedreht. Weil ich gemerkt habe, dass mich jeder akzeptiert, bzw. meine Gedanken versteht, bin ich immer mehr aus meinem Schneckenhaus rausgekommen. Du kannst mir glauben, wenn du im Kreis sitzt mit 17 Anderen, die genau die gleichen Sorgen haben, das ist so toll...
Ich persönlich habe sehr viele große Fortschritte gemacht im Laufe des Workshops. Ich war selber ganz überrascht von mir! Ich habe damit angefangen, dass meine Pee-Buddys 50 Meter weiter weg am anderen Ende des Ganges gestanden sind und ich eingeschlossen in meinem Hotelzimmer im Bad pinkeln musste. Das hat am Anfang noch nicht funktioniert! Während des Tages haben sie sich dann in kleinen Mäuseschritten angenähert und am zweiten Übungstag habe ich sie erstaunlicherweise ins Zimmer geholt und hab sie ans Fenster gestellt. Es hat geklappt. Das ging vorher bei mir noch nicht mal zuhause. Also wenn jemand im Nebenzimmer ist, kann ich nicht pinkeln. Ich muss ihn immer ganz raus schicken. Bei mir spielt die räumliche Distanz eine ganz entscheidende Rolle.
But back to the topic, ich habe gemerkt, wenn man einmal einen Erfolg hatte, dann geht es immer schneller, noch welche zu bekommen. Ich bin wirklich über mich hinaus gewachsen, hatte das Gefühl, drei Runden auf der Rennstrecke überholt zu haben! Ich hätte damit nie gerechnet, dass ich in so einer Situation pinkeln kann. Ich habe es dann so weit gesteigert, dass die Beiden sich an die Badtür gelehnt haben, also wirklich nur einen Meter Luftlinie entfernt, und sich lautstark unterhalten haben so dass ich das Gefühl hatte, es gäbe gar keine Tür dazwischen. Es hat funktioniert! Das war immer eine Horrorsituation, eine, der ich auf jeden Fall aus dem Weg gehe sonst. Ich habe es wirklich geschafft!
Wir haben dann auch auf der öffentlichen Toilette im Hotel geübt mit drei Kabinen, das war natürlich schon realistischer auf den Alltag bezogen. Manchmal sind auch fremde Leute reingekommen, das kann man eben nicht beeinflussen und da muss man auch damit umgehen lernen.
Und die Gespräche, die man so führt, sind auch einfach unvergesslich. Man kann sagen was man will und man wird verstanden! Wir konnten uns etliche Tipps geben gegenseitig und ich habe mich einfach nicht mehr so alleine gefühlt.
Natürlich bin ich jetzt nicht geheilt nach dem Workshop, aber ich habe schon zunehmend Erfolge und lasse mich von Rückschlägen emotional nicht mehr so runterziehen. Ich merke einfach, wie Paruresis nicht mehr so extrem mein Leben bestimmt seit dem Workshop. Und das ist sehr viel wert. Man wird mutiger.
Ich denke, die Erfolgsformel liegt darin, nicht zu hohe Erwartungen in das Üben zu setzen und zweitens, sich einfach darauf einzulassen, ganz gleich, welche Vorgeschichte man hat. Am ersten Übungstag habe ich noch gedacht, haja weit werde ich wohl nicht kommen, weil ich mich kenne, wie ich im Alltag bin. Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Und man darf einfach nicht darüber nachdenken "Aber das hat doch noch nie geklappt", sondern ausprobieren und dann klappts.
Liebe Grüße, Simmy

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