Kneipe

Hier gibt es alles zum Thema psychische Entleerungsstörung
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Juergen
User
Beiträge: 15
Registriert: 22. März 2004 19:16
Wohnort: NRW

Kneipe

Beitrag von Juergen »

Ist schon beschissen, unser Zustand.

Wahrscheinlich bin ich einer der wenigen Betroffenen, die tatsächlich so etwas wie eine Stammkneipe haben, trotz aller Schwierigkeiten. Allerdings schätze ich deswegen die Stärke der Krankheit nicht niedriger als bei allen anderen, denn die Toiletten des Ladens besuchte ich selten: 3 Urinoirs (ohne Brett dazwischen) und eine Kabine, oben und unten offen. Also alles Mist, denn bei der Kabine weiß ja jeder, dass ich drauf bin und hat dadurch Anlass zu blöden Fragen. Wenn es wenigstens NUR Kabinen gäbe wäre ja das ganze schon etwas einfacher, aber so... Also gehe ich meistens am Abend mit möglichst langer Blasenentleerung aus dem Haus, versuche auch am Abend nicht all zu viel Bier und Kaffee zu trinken, denn das treibt zu schnell (Vorteil: man wird zum Weinkenner :? ). Wenn ich doch mal ganz dringend muss, müssen einige Bedingungen erfüllt sein: Möglichst wenige Gäste, möglichst viele davon sollten kurz zuvor ausgetreten haben, und es darf sich natürlich keiner auf dem Klo befinden. Meistens gehe ich dann nicht direkt zum Pissoir, sondern erst vor den Spiegel und stehe da etwa 10 Sekunden rum. Dann wasche ich mir die Hände (falls jemand reinkommt, kann ich unauffällig noch nen Rückzieher machen), dann stürze mit Affenzahn zum Pinkelbecken und warte. Meistens läuft längere Zeit nichts (aber wenn jetzt, nach der längeren Zeit noch jemand reinkommt, ist der Rückzieher unauffällig, weils so aussieht, als wäre ich gerade fertig). Wenns dann endlich läuft, ist es meistens egal, ob sich jemand neben mich stellt, dann läufts weiter (oder ich hör halt auf). In solchen Momenten, die selten sind, wo tatsächlich mal jemand neben mir zu Pinkeln anfängt, fühl ich mich sehr eigenartig. Was machen die "Normalen" dabei? Quatschen die? Vielleicht nen blöden Witz kurz erzählen? -- Es klingt dumm, aber ich weiß es schon gar nicht mehr, wie man sich "normal" an einem Pinkelbecken verhält.
Naja, so viel zu meinen Erfahrungen. Vielleicht schreibt ja mal jemand von Euch dazu, ich find, im Forum könnte sowieso öfter mal geschrieben werden.. :wink:



Viele Grüße
J.
Rolf
Poweruser
Beiträge: 231
Registriert: 30. März 2004 19:21

Beitrag von Rolf »

Ja Jürgen,

es freut mich, dass du einen Guten Tropfen zu schätzen weißt - wenn auch nicht ganz freiwillig :)

Die paar Tage, wo ich jetzt das Forum kenne, weiß ich es auch zu schätzen. Wenn wenige was reinschreiben, dann ist es eben so, dass Erfolge offensichtlich schwer zu erreichen sind und für jeden auch vielleicht etwas anders aussehen. Vermutlich ist jedem klar, dass wir hier einem Symptom aufsitzen, wo jeder ein klein wenig andere Ursachen dafür hat. Von daher finde ich sehr angenehm, dass niemand beschimpft wird und nicht einer/eine dabei ist, der für alles eine Patentlösung weiß - egal, wie blödsinnig das Posting. Lieber klein und fein... Ich bin von den Antworten durchaus angetan. Wie sagte schon Rummsfeld (oder war's Kaiser Franz): "Wissen, was das Problem ist, heißt noch lange nicht, eine Lösung zu kennen."

Bisher in einem sehr großen Betrieb beschäftigt, war es für mich selten schwierig "stille Örtchen" zu finden. Möglich, dass meine engsten Kollegen den Braten riechen - bin bereits als komisch eingeordnet, das macht mir wenig aus. Es ist nämlich von der Situation her schon blöde genug, Eigenbrötler zu sein, wo der Mensch doch als Gemeinschaftswesen angelegt ist, oder?

Wenn's läuft, dann läuft's... Sollte sich also hier jemand neben mich gesellen, dann macht das nichts, ich kann mich unterhalten usw., alles kein Problem. Und aus meinem kleinbißchen Erfahrung kann ich dir sagen, dass es unter fremden oder wenig bekannten absolut unüblich ist, hier ein Gespräch zu beginnen. Unter Kollegen ist es anders, da gibt es vom Geschrei bis hin zur Unterhaltung, oder eben keiner, alles. Freunde habe ich keine, da kann ich dir nichts sagen. Aus der Zeit, in der ich noch Experimente gemacht habe, konnte ich dann z.B., wenn ich irgendwie mitteilte, dass ich nicht kann, wenn jemand dabei ist. Dann lief's. Aber das ist sowas von abartig, dass es für mich keine Lösung ist. Jemand zu sagen, es wäre prima, wenn er nicht da wäre!

Gruß, Rolf
Christoph

Beitrag von Christoph »

Also ich bin erst 21 und gehe supergerne auf Konzerte und Partys und so.
Je nach Situation verhalte ich mich dann, in meinen beiden Stammlokalen verlass ich einfach das Gebäude und geh in Busch (was natürlich nicht überall möglich ist) aber da habe ich wohl Glück.
(Bei dem einen Laden ist es kein Busch sondern ne Tiefgarage mitten in München .... aber mit so regem Betrieb dass es kein Problem ist.
Wenn einmal ein Konzert in nem anderen Laden ist .. schau ich mir die Situation an. Wenn man nicht raus darf .. was es manchmal gibt ..
dann trinke ich an dem Abend einfach nichts.
Wenn ich den Laden nicht kenne mach ich einfach freiwillig Fahrer .. und trinke nichts. Öffentliche Toiletten benutze ich nie .. was therapeutisch gesehen wahrscheinlich contra-produktiv ist, aber mir zumindest momentan eine lebensfähige Situation schafft.
Aber seit ich mehr hier im Forum lese und so werd ich wohl bald in Therapie gehen .. ich will nicht mein Leben lang die Krankheit haben.
Eine kleine Geschichte noch: Ich war mal auf nem Festival, da war die Krankheit noch bisschen jünger und ich konnte noch gelegentlich in öffentlichen Toiletten .. zumindest in der Kabine .. und hab fröhlich ein Red Bull getrunken und das war ja nich so viel Flüssigkeit, da bin ich dann irgendwann aufs Klo und es ging .. dann dachte ich mir "super es ging" und hab 2 Weißbier getrunken (weizen heißt des bei euch Preussen ;)) und bin wieder aufs Klo ... dann gings natürlich nicht ...
Dann war ich echt in ner beschissenen Situation, bin zum "Türsteher" und hab ihm vorgelogen ich müsse meine Schwester von der U-Bahn holen weil sie nich her findet und so und, das hat auch einmal geklappt, dann bin ich irgendwo in ein Restaurant mit regem Publikum und da aufs Klo, das ging dann. Beim nächsten mal hat mich der Türsteher leider nicht mehr raus gelassen, an dem Tag hab ich echt noch ganz schön gelitten.
Wenn ich aus meinem Stammlokal raus gehe ... was ja so 4-5mal am Abend ist .. grinsen mich die Türsteher teilweise schon an, weil se mich schon kennen .. einer meinte auch mal "bekommst Du Kilometergeld" .. aber mit solchen Sprüchen kann ich leben, dafür genieße ich ein lustiges Partywochenende .. ohne groß Einschränkungen
Tobias
Newbie
Beiträge: 5
Registriert: 22. Februar 2004 15:41

Beitrag von Tobias »

ja,ja das kneipenproblem, würd eigentlich auch gern in kneipen gehn, wenn das bekannte problem nich wäre.
bin jetzt häufig dazu umgestiegen kneipentouren zu machen, also 1-2 bier trinken, kneipe wechseln und halt unterwegs gschwind druck ablassen, aber zufriedenstellend ist das auch nich :roll:
na ja mein bier laß ich mir jedenfalls nich nehmen und desto betrunkener ich bin ists mir auch egal was gedacht wird wenn ich auf ne kabine verschwind.
Paruresis seit Kindheit.
nameless

Beitrag von nameless »

Hallo,
schön zu sehen dass man doch nicht der einzige mit dem Problem ist.. ich komme aus Hamburg, gehe auch gerne mal feiern auf den Kiez oder in die Kneipe und habe die Krankheit seit min. 5 Jahren. Auch ich habe das Problem, an Pissoirs schon gar nicht und in Kabinen nur manchmal pinkeln zu können. Die schlimmste Situation war mal als ich bei Bekannten übernachtet hab und nach einer Kneipentour mit Entleerungsstörungen auf die Toilette gegangen bin, als ich dachte die Leute schliefen. Dies war jedoch nicht der Fall bzw. der laut quietschende Holzboden hat einige geweckt, und ich mit immer noch stark gefüllter Blase fühlte mich so schlecht wie noch nie da ich nicht pinkeln konnte, die anderen halt kein Geräusch hörte konnten, was mich noch mehr unter Druck gesetzt hatte usw.. ein Teufelskreis.
Vor einem halben Jahr hab ich mich dann entschlossen zu einem Therapeuten zu gehen. Leider kann ich nicht behaupten dass sich das Problem grossartig verbessert hätte.. Nachdem die erste Methode die wir angingen, nämlich über bestimmte Vorstellungen eine Entspannung der Blasenmuskulatur zu bewirken, nicht funtionierte, muss ich nun etwas anderes tun. Ich sollte so vielen Leuten wie möglich, erstmal bekannten, erzählen dass ich eine sog. Dysurie in Form einer Blasenatonie hätte. Dies sind mediz. Beschreibungen des Problems, halt dass das Nervensystem störungsfreie Blasenentleerungen nicht zulässt. Bislang hab ich mich leider noch davor gedrückt jemand dies zu erzählen bevor ich aufs Klo gehe. Was erreicht werden soll ist einfach dass so der Zeitdruck genommen wird und ich sozusagen solange wie nötig auf dem Klo bleiben kann. Ich hoffe das klappt.. vielleicht möchte ja der eine oder andere die Methode mal ausprobieren (med. Fachwörterbuch schnappen und sich etwas überlegen).
Schöne Grüsse und viel Erfolg, Björn
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