Ich denke, Paruresis kommt z. B. davon, dass man Pinkeln und Kacken als etwas Schmutziges sieht. Für das Kacken gibt es ja nicht einmal einen gesellschaftsfähigen Ausdruck.
Man versucht das geistige Wesen vom Körperlichen zu trennen, das heißt, wenn man gerade mit jemandem sich über ein intellektuelles Thema unterhält, dann möchte man eben im Anschluß daran nicht, dass dieselbe Person einen sieht, wenn man so etwas Tierisches macht.
Man möchte als Mensch geachtet werden, als einer der etwas im Kopf hat. Der vielleicht über den Dingen steht.
Und um dieses Bild aufrecht zu erhalten verbietet einem der Kopf dann in der entscheidenden Situation, tierisch zu sein.
Ich habe von jemanden gehört, der ein hohes Tier in der Philosophie war. Vorträge hielt. Zum Essen ist er aber immer nach Hause gefahren, obwohl das eine lange Fahrtzeit bedeutete.
Irgendwann rückte er mit dem Grund heraus:
Wenn die Studenten sehen würden, dass er auch ißt, dann könnten sie auf den Gedanken kommen, dass er auch aufs Klo muss.
Das kann eine Erklärung sein, warum es nicht klappt, wenn ein Bekannter dabei ist. Man hätte einen Ruf zu verlieren.
Hier würde also vielleicht die Einstellung helfen: Man ist doch auch nur ein Mensch!
Kein geistig umherschwebendes Wesen.
Neben der Umfrage noch ein paar Fragen:
1. Ist es für euch unangenehm, Klopapier zu kaufen?
2. Sind euch Verdauungsgeräusche sehr peinlich (Rülpsen, Pfurzen, wenn es im Magen herumgeht)?
3. Sagt ihr nur, dass ihr auf die Toilette geht, oder werdet ihr manchmal konkreter (Ich geh mal pinkeln/kacken)
4. Wenn ihr flucht, wird es dann manchmel körperbezogen (Das geht mir auf den Sack/auf die Eier) oder drückt ihr euch "gewählt" aus?
Paruresis bei Intellektuellen
klingt sehr interessant und gut nachvollziehbar. Ein Psychoanalytiker würde sich dei Hände reiben. Bleibt mir nur die Frage: wie überwinde ich das. Wie werde ich Mensch?
Irgendwie beißt sich da die Katze in den Schwanz. Wenn ich am Pinkelbecken stehe, denke ich auch: jetzt piss doch einfach, ist doch nix dabei.
Aber ich weiß auch wie peinlich mir furzen etc. ist und denke immer wie irrational, klar muss das was reingeht auch wieder raus... also intellektuell völlig okay, aber der Körper, das Gefühl sagt was anderes... wieso blos?
Irgendwie beißt sich da die Katze in den Schwanz. Wenn ich am Pinkelbecken stehe, denke ich auch: jetzt piss doch einfach, ist doch nix dabei.
Aber ich weiß auch wie peinlich mir furzen etc. ist und denke immer wie irrational, klar muss das was reingeht auch wieder raus... also intellektuell völlig okay, aber der Körper, das Gefühl sagt was anderes... wieso blos?
Ich denke, intellektuell ist Pfurzen nicht ok.
In sehr gehobenen Kreisen (=Intellektuellenkreise?) wird sogar sehr genau vorgeschrieben, wie man sein Essen in Gegenwart anderer zu sich nehmen muss, um so wenig anstössig wie möglich zu sein (Knigge).
Essen ist auch etwas Körperliches, aber natürlich lange nicht so schamhaft besetzt wie das oben Beschriebene.
Vielleicht wird der Mensch in Zukunft sich so sehr von der Natur entfremden, dass Essen in Gegenwart anderer auch anstössig wird.
Wie man das überwinden kann steckt ein wenig in den vier Fragen.
1. Klopapier kaufen war für mich die erste Zeit lang eine ziemlich peinliche Angelegenheit. Die könnten denken "Aha, der braucht Klopapier, was macht er damit wohl."
Ich habe es immer unten im Einkaufswagen versteckt, dass es nicht so viele mitkriegen, dass ich so etwas kaufe. Irgendwann ging mir das gehörig auf den Sack (Überleitung zu Frage 4 ) und ich habe es dann demonstrativ deutlich sichtbar im Einkaufswagen platziert.
2. In den letzten drei Jahren habe ich Rülpsen geübt. Wie rülpst man laut. Ich kann es aber immer noch nicht richtig. Pfurzen ist noch so eine Sache, möchte ich aber nicht unbedingt in Anwesennheit anderer machen. Würde mich auch nerven, allein wegen dem Geruch, wenn es ein anderer zu oft macht. Hat auch etwas mit Respekt vor anderen zu tun. Allerdings wenn der Druck zu stark wird...
Bauch-blubbern machen mir überhaupt nichts mehr aus. Die finde ich sogar positiv. Ist ein Zeichen dafür, dass man entspannt ist.
3. Hier kommt es natürlich auf das Umfeld an. Zu Freunden/Kumpels werde ich manchmal konkreter, wobei Pinkeln-sagen einfacher ist als Kacken-sagen.
4. Früher habe ich auch das vermieden. Mein Psychologe hat mir dann aber, als ich wieder eine tolle, umständliche Umschreibung in gehobenen Worten für "auf das bin ich wütend" geliefert habe, gesagt, dass ich doch einfach mal aus dem Bauch heraus meine Worte wählen soll.
Und "Das geht mir aber voll auf den Sack" traf es recht gut.
Mit dieser Entwicklung habe ich die Paruresis jetzt zwar nicht wegbekommen, aber ich denke, mir wird es damit leichter fallen.
Ich habe mich ja noch nicht intensiv um das Problem gekümmert, konnte ich ja auch nicht, wenn man nicht einmal weiß, dass es dafür einen Namen gibt. Und wenn man von etwas keinen Namen kennt, ist es recht schwer im Internet danach zu suchen.
Ich werde daran arbeiten und ich werde es auch schaffen!
In sehr gehobenen Kreisen (=Intellektuellenkreise?) wird sogar sehr genau vorgeschrieben, wie man sein Essen in Gegenwart anderer zu sich nehmen muss, um so wenig anstössig wie möglich zu sein (Knigge).
Essen ist auch etwas Körperliches, aber natürlich lange nicht so schamhaft besetzt wie das oben Beschriebene.
Vielleicht wird der Mensch in Zukunft sich so sehr von der Natur entfremden, dass Essen in Gegenwart anderer auch anstössig wird.
Wie man das überwinden kann steckt ein wenig in den vier Fragen.
1. Klopapier kaufen war für mich die erste Zeit lang eine ziemlich peinliche Angelegenheit. Die könnten denken "Aha, der braucht Klopapier, was macht er damit wohl."
Ich habe es immer unten im Einkaufswagen versteckt, dass es nicht so viele mitkriegen, dass ich so etwas kaufe. Irgendwann ging mir das gehörig auf den Sack (Überleitung zu Frage 4 ) und ich habe es dann demonstrativ deutlich sichtbar im Einkaufswagen platziert.
2. In den letzten drei Jahren habe ich Rülpsen geübt. Wie rülpst man laut. Ich kann es aber immer noch nicht richtig. Pfurzen ist noch so eine Sache, möchte ich aber nicht unbedingt in Anwesennheit anderer machen. Würde mich auch nerven, allein wegen dem Geruch, wenn es ein anderer zu oft macht. Hat auch etwas mit Respekt vor anderen zu tun. Allerdings wenn der Druck zu stark wird...
Bauch-blubbern machen mir überhaupt nichts mehr aus. Die finde ich sogar positiv. Ist ein Zeichen dafür, dass man entspannt ist.
3. Hier kommt es natürlich auf das Umfeld an. Zu Freunden/Kumpels werde ich manchmal konkreter, wobei Pinkeln-sagen einfacher ist als Kacken-sagen.
4. Früher habe ich auch das vermieden. Mein Psychologe hat mir dann aber, als ich wieder eine tolle, umständliche Umschreibung in gehobenen Worten für "auf das bin ich wütend" geliefert habe, gesagt, dass ich doch einfach mal aus dem Bauch heraus meine Worte wählen soll.
Und "Das geht mir aber voll auf den Sack" traf es recht gut.
Mit dieser Entwicklung habe ich die Paruresis jetzt zwar nicht wegbekommen, aber ich denke, mir wird es damit leichter fallen.
Ich habe mich ja noch nicht intensiv um das Problem gekümmert, konnte ich ja auch nicht, wenn man nicht einmal weiß, dass es dafür einen Namen gibt. Und wenn man von etwas keinen Namen kennt, ist es recht schwer im Internet danach zu suchen.
Ich werde daran arbeiten und ich werde es auch schaffen!
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- Registriert: 29. November 2008 14:48
Hallo PP!
Frage 1 und 2 kann ich Dir da ganz klar mit "nein" beantworten. Da gab es aber auch früher zu Hause keinerlei Tabus.
Frage 3: In der WG ist es sogar üblich, größere Geschäfte anzukündigen, damit die anderen sich darauf einstellen und die Toilette in der nächsten Zeit meiden können.
Frage 4: Kommt auf die Gesellschaft an, in der ich mich befinde. Mit meinem Professor würde ich so nicht reden. Mit Freunden schon.
Ganz von der Hand zu weisen ist die Sache aber nicht. Schau mal in einen Schweinestall. Da sind so 20 Ferkel beiderlei Geschechts auf engem Raum zusammengepfercht. Bei "Bedarf" lassen sie es alle einfach laufen. Bloß der Mensch macht sich Gedanken darüber - und mit welchem Erfolg?
LG Svenja
Frage 1 und 2 kann ich Dir da ganz klar mit "nein" beantworten. Da gab es aber auch früher zu Hause keinerlei Tabus.
Frage 3: In der WG ist es sogar üblich, größere Geschäfte anzukündigen, damit die anderen sich darauf einstellen und die Toilette in der nächsten Zeit meiden können.
Frage 4: Kommt auf die Gesellschaft an, in der ich mich befinde. Mit meinem Professor würde ich so nicht reden. Mit Freunden schon.
Ganz von der Hand zu weisen ist die Sache aber nicht. Schau mal in einen Schweinestall. Da sind so 20 Ferkel beiderlei Geschechts auf engem Raum zusammengepfercht. Bei "Bedarf" lassen sie es alle einfach laufen. Bloß der Mensch macht sich Gedanken darüber - und mit welchem Erfolg?
LG Svenja
Re: Paruresis bei Intellektuellen
zu 1: Klopapier zu kaufen ist für mich ähnlich neutral wie das Einkaufen von Wasch- oder Putzmittel.PP hat geschrieben:
1. Ist es für euch unangenehm, Klopapier zu kaufen?
2. Sind euch Verdauungsgeräusche sehr peinlich (Rülpsen, Pfurzen, wenn es im Magen herumgeht)?
3. Sagt ihr nur, dass ihr auf die Toilette geht, oder werdet ihr manchmal konkreter (Ich geh mal pinkeln/kacken)
4. Wenn ihr flucht, wird es dann manchmel körperbezogen (Das geht mir auf den Sack/auf die Eier) oder drückt ihr euch "gewählt" aus?
2. Kommt drauf an, wie vertraut mir die Menschen sind, die gerade in der Nähe sind. In unserer Familie wars nie ein Problem, solche Geräusche zu produzieren. Aber in Anwesenheit anderer Personen versuche ich schon, mich zurückzuhalten.
3. Selbe Antwort wie bei 2.
4. Ich fluche eigentlich nie. Fluchen liegt mir nicht...
Hi
1. Ist mir gar nicht peinlich.
2. Furzen in der Öffentlichkeit ist mir schon relativ peinlich (eben auch wegen des Geruchs), Rülpsen einigermaßen und Magengrummeln eigentlich nicht.
3. Höchstens, wenn ich pinkeln gehe, werde ich manchmal konkret. Mir ist übrigensaufgefallen, dass ich woanders eigentlich nie kacken gehe, im gegensatz zur Paruresis stört mich das aber nicht, weil ich dann auch nie kacken muss.
4. Wenn ich fluche, drücke ich mich fast immer sehr körperbezogen aus.
1. Ist mir gar nicht peinlich.
2. Furzen in der Öffentlichkeit ist mir schon relativ peinlich (eben auch wegen des Geruchs), Rülpsen einigermaßen und Magengrummeln eigentlich nicht.
3. Höchstens, wenn ich pinkeln gehe, werde ich manchmal konkret. Mir ist übrigensaufgefallen, dass ich woanders eigentlich nie kacken gehe, im gegensatz zur Paruresis stört mich das aber nicht, weil ich dann auch nie kacken muss.
4. Wenn ich fluche, drücke ich mich fast immer sehr körperbezogen aus.
1. Nein, vor allem feuchtes Klopapier hat es mir angetan
2. Kommt immer auf die Gesellschaft an, unter der Woche wohn ich in ner 5er Jungen-Wg, da gehts schon eher locker zu.
3. Genau wie bei Svenja; wird aus Solidarität angekündigt oder ist einfach ganz normal Teil der Kommunikation.
4. Geflucht wird ebenfalls reichlich, körperbezogen auf jeden Fall auch.
Ich denke, dass mir das "lockere Leben" dort mittlerweile schon geholfen hat, man hört immer mal wieder jemanden mit offener Tür "rumplätschern" oder ähnliches.
Habs kürzlich geschafft, mich durch den gang unterhaltend aufs klo zu begeben und beim pinkeln weiter zu unterhalten bei offener tür...und war mächtig stolz danach
Öffentliche toiletten meide ich aber immernoch so gut es geht
2. Kommt immer auf die Gesellschaft an, unter der Woche wohn ich in ner 5er Jungen-Wg, da gehts schon eher locker zu.
3. Genau wie bei Svenja; wird aus Solidarität angekündigt oder ist einfach ganz normal Teil der Kommunikation.
4. Geflucht wird ebenfalls reichlich, körperbezogen auf jeden Fall auch.
Ich denke, dass mir das "lockere Leben" dort mittlerweile schon geholfen hat, man hört immer mal wieder jemanden mit offener Tür "rumplätschern" oder ähnliches.
Habs kürzlich geschafft, mich durch den gang unterhaltend aufs klo zu begeben und beim pinkeln weiter zu unterhalten bei offener tür...und war mächtig stolz danach
Öffentliche toiletten meide ich aber immernoch so gut es geht