Geräuschempfindlichkeit ist Folge von Paruresis

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Burkhard
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Geräuschempfindlichkeit ist Folge von Paruresis

Beitrag von Burkhard »

Hallo!

Ich glaube, es ist genau umgekehrt wie bisher diskutiert: Die Geräuschempfindlichkeit eine Folge von Paruresis.

Das nicht-pinkeln-können in Gegenwart Anderer, kommt ja daher, dass man die Situation als gefährlich empfindet und daher der Körper mit Anspannung (Kampf- bzw. Fluchtbereitschaft) reagiert. Wenn die "Gefahr" vorrüber ist (der Andere ist weg), entspannt man sich und kann wieder ganz normal pinkeln.

Es ist aber ein Urinstinkt, dass man in Gefahrensituationen Reize viel sensibler aufnimmt, um schnellstens darauf reagieren zu können. Die mit der Paruresis verbundene Gefahrenempfindung sensibilisiert für Reize (z.B. Geräusche), die dann wiederum zu einer verstärkten Anspannung führen. Also ein typischer "Teufelskreis".

Ritalin wirkt indem es die Reizschwelle anhebt. Die ADS-Betroffenen geraten damit bei normalen Umweltreizen nicht sofort aus dem Gleichgewicht und verhalten sich daher eher "unauffällig". Ritalin wird aber wohl kaum eine Verhaltenstherapie ersetzen können.

Burkhard
Juergen
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Beitrag von Juergen »

Meine volle Zustimmung! Genau so schätze ich die Lage ein.

Gruß
J.
egon
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Registriert: 21. Mai 2005 18:41

Beitrag von egon »

Also ich bin auch ziemlich empfindlich gegenüber Geräuschen, wenns ums Schlafen oder ums Lernen geht. Deshalb glaube ich, dass zumindest bei mir, die Geräuschempfindlichkeit nicht von der Paruresis kommt, bzw. ich allgemein in angespannten Situationen empfindlich auf Geräusche reagiere.
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Schäfchenzähler
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Beitrag von Schäfchenzähler »

Du sprichst mir aus der Seele Burkhard, das habe ich in dem anderen Thread ja auch schon vrsucht zum Ausdruck zu bringen!
Thomas69

Beitrag von Thomas69 »

Dann will ich auch nochmal einen Kommentar abgeben.

Wie auch im Thread http://www.paruresis.de/phpBB2/viewtopic.php?t=221 von "Pinkler" angedeutet, ist die Sache sicherlich komplex. Es war keinesfalls meine Absicht, Verunsicherungen bei irgendjemandem hervorzurufen, und ich stimme zu (und habe auch bereits vermutet), daß man die durch erhöhte Streßempfindlichkeit hervorgerufene Variante vielleicht nicht Paruresis nennt (hierzu hat sich leider noch niemand "vom Fach" geäußert). Es war mir wichtig, meine eigenen Erfahrungen zu präsentieren, und die Rückmeldung anderer, bei denen es genauso zu sein scheint, hat mir selbst viel gegeben. Das läßt selbstverständlich keinerlei Rückschlüsse auf die Ursächlichkeit bei ALLEN Forenteilnehmern zu, und sollte auch ganz sicher nicht verallgemeinernd rüberkommen. Ich bitte alle um Verzeihung, die sich durch diese Thesen verunsichert fühlen und fordere selbige dazu auf, das NICHT auf sich selbst zu beziehen. Ich stelle KEINESFALLS die Inhalte der bisher erhältlichen Literatur zum Thema Paruresis in Frage.

Ich versichere an der Stelle, daß eine erhöhte Sensibilität bei mir NICHT Folge von Urinierproblemen ist. Eine erhöhte sensorische Emfindlichkeit ist bei mir seit frühester Kindheit bekannt, sie betrifft auch Gerüche und vor allem Körperwahrnehmung (Berührungen z.B.), ist also nicht auf Geräusche beschränkt. Ich will jedoch auch nicht ausschließen, daß ich schlechte Erfahrungen auf öffentlichen Klos gemacht habe, denn ich habe auch Kindheitserinnerungen (Kindergarten), die belegen, daß ich nicht immer Pinkelprobleme hatte. Es wäre bei meiner Vergangenheit (Außenseitertum) schon fast zu erwarten, daß ich von anderen beim Pinkeln oft gestört worden bin und dadurch eine Blockade erworben habe. Ich kann es jedoch nicht mit Bestimmtheit sagen.

Rückfragen in einer ADS-Selbsthilfegruppe haben ergeben, daß Pinkelprobleme kein typisches Merkmal dieser "Störung" sind. Bei Aspergern habe ich diese Frage noch nicht stellen können - es ist sehr schwierig, zu diesem Thema Gruppen zu finden, es sei denn im Netz (Foren). Daher dazu keine Aussage. Asperger-Betroffene gruppieren sich nicht so gerne, das ist ein Merkmal dieses Syndroms.

Ich schlage daher an der Stelle vor, daß wir toleranterweise die verschiedenen Möglichkeiten nebeneinander stehenlassen. Das geht auch an @Juergen (obiger Thread): es ist nicht notwendig und auch nicht beabsichtigt, daß sich Leute dadurch verunsichert fühlen, daß bestimmte betroffene "von der Masse abweichende" Ursächlichkeiten für ihre Problematik nennen. Ich bin sicher kein Fachmann, habe aber das Buch "Shy Bladder Syndrome" gelesen und in der Tat Unterschiede zu meiner eigenen Problematik festgestellt, wenngleich es auch sehr viele Übereinstimmungen gibt.

Wenn jemand der Meinung ist, ich solle mich nicht weiter zu meiner persönlichen Perspektive und meinen diesbezüglichen Gedanken äußern, dann bitte ich um sachliche Rückmeldungen, und wenn sie einleuchtend erscheinen, werde ich meine Äußerungen einstellen. Mir fällt nur kein Forum ein, in dem ich stattdessen darüber schreiben könnte.

mitteilende Grüße

Thomas
Thorsten

Danke

Beitrag von Thorsten »

Hallo Thomas 69!

Danke für Deinen letzten Eintrag! Er ist mir aus dem Herz geschrieben. Verschiedene Mechanismen können oft parallel existieren, warum nicht auch bei der Paruresis? Ich persönlich sehe das so, dass mein Asperger Syndrom es mir viel "leichter" gemacht hat, eine Paruresis "einzufangen", da ich durch das A S stressintolerant, leichter störbar usw bin.

/Thorsten
Gast 321

Beitrag von Gast 321 »

Bei Aspergern habe ich diese Frage noch nicht stellen können - es ist sehr schwierig, zu diesem Thema Gruppen zu finden, es sei denn im Netz (Foren). Daher dazu keine Aussage. Asperger-Betroffene gruppieren sich nicht so gerne, das ist ein Merkmal dieses Syndroms.

Hier könnte man nachfragen:

http://www.f25.parsimony.net/forum62491/

http://f27.parsimony.net/forum67507/index.htm

Gruß
Ein Aspie

Re: Danke

Beitrag von Ein Aspie »

auch bei der Paruresis? Ich persönlich sehe das so, dass mein Asperger Syndrom es mir viel "leichter" gemacht hat, eine Paruresis "einzufangen", da ich durch das A S stressintolerant, leichter störbar usw bin.

Asperger ist ja nicht therapierbar.
Also wären die Probleme von Aspergern beim Urinieren auch nicht therapierbar. Ein Pee-buddy wäre einem Aspie wahrscheinlich unerträglich.
Ausweg: Pinkeln auf stillen Örtchen, im Walde, im Gebüsch.

Aspie
Thorsten

nicht therapierbar?

Beitrag von Thorsten »

Es stimmt das A S als solches nicht zum Verschwinden gebracht werden kann. Diverse Störungen/Probleme, die sich in Zusammenstössen zwischen A S und Alltag einstellen, können doch durch verschiedene Methoden, meist kognitiv, hantierbarer gemacht werden. Für eine eventuelle Therapie (bin selbst für eine kognitive angemeldet) ist es wichtig, dass der behandelnde Therapeut weiss was A S ist und davon ausgeht.
Ich stimme "ein Aspie" voll darin zu, dass so drastische Methoden wie Pee Buddy wahrscheinlich bei A S nichts taugen. Das Pinkeln zusammen mit anderen habe ich sowieso abgeschrieben, ist für mich kein echtes Problem, da ihm ausgewichen werden kann. Der Schuh klemmt bei durch verschiedene Arten von Stress hervorgeruftem "Versagen".

/Thorsten
Philipp Hammelstein
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Beiträge: 9
Registriert: 30. November 2004 20:23

Beitrag von Philipp Hammelstein »

Da ich in diesem Forum las, dass sich noch kein Fachmann zu dem Thema gemeldet hat, möchte ich dies gerne versuchen.

Ich würde zunächst Burkhard zustimmen, dass in aller Regel die Geräuschempfindlichkeit Folge der Paruresis ist, weil sich dann bereits das Gefühl des Bedrohtseins etabliert hat und wenn man sich bedroht fühlt, ist es ganz natürlich, dass man intensiver auf GEfahrensignale achtet (typisches Beispiel: wenn man alleine nachts in der Wohnung ist und irgendein unbekanntes Geräusch kommt, ist in der Folge das Wahrnehmungssystem auf vollen Touren).

Aber auch Thomas69 hat Recht, denn es kann - wenn wahrscheinlich auch in weniger Fällen - natürlcih auch umgekehrt sein, dass eine intensive Geräuschempfindlichkeit den Weg zur Paruresis bahnt und insofern die Geräuschempfindlichkeit eine mögliche Ursache (neben anderen!) sein kann.

Was die Zusammenhänge zwischen Paruresis und anderen Erkrankungen wie Asperger-Syndrom oder auch ADHS anbelangt, so kann die Forschung hierzu noch gar nichts sagen. Soweit sind wir noch nicht. Und Paruresis kommt - zumindest in der deutschen Bevölkerung - bei zwei bis fünf Personen von 100 vor. Um also jetzt die Zusammenhänge von Paruresis zu anderen psychischen Problemen untersuchen zu können, benötigt man also sehr große Stichproben. Und dies hat bislang weder die Forschergruppe um Steven Soifer, noch die Düsseldorfer Arbeitsgruppe vermocht.

Was die Schlussfolgerung von "Ein Aspie" anbelangt, so würde ich allerdings widersprechen. Es stimmt zwar, dass das Asperger-Syndrom so nicht therapierbar ist. Das heißt aber nicht, dass mögliche Folgeprobleme des Asperger-Syndroms sämtlich unbehandelbar sind, nur weil das erste Problem nicht ursächlich angegangen werden kann. Möglicherweise ist die Therapie komplizierter, aufwendiger und länger, d.h. aber nicht, dass ich sie von vornherein für aussichtslos halten würde. Um ein Beispiel zu verwenden: wenn ein schlechtes Selbstwertgefühl die Folge einer körperlichen BEhinderung ist, die nicht mehr therapierbar ist, so kann das schlechte Selbstwertgefühl doch therapeutisch angegangen werden.

Herzliche Grüße
Philipp Hammelstein[/i]
Noch ein Aspie

Beitrag von Noch ein Aspie »

"Bei den autistischen Kindern jedoch drängen sich die Funktionen des eigenen Körpers von selbst, ohne daß der Erzieher etwas dazutut, ins Bewußtsein, werden registriert und wichtig genommen - und sind auch in vielen Fällen gestört".

Hans Asperger über "Autistische Psychophaten"
Thomas69

Beitrag von Thomas69 »

So, lange habe ich nichts geschrieben in diesem Thread, hatte aber gestern nochmal die Bestätigung, daß bei mir definitiv ein klarer Zusammenhang besteht:

Lärm -> Aufbau von Streß -> Verspannung der Blasenschließmuskel. Bei einem Treffen im Rahmen eines Forums für Asperger-betroffene ging nach einiger Zeit wieder mal gar nichts, und zwar auf einem Spaziergang.
Das Problem war, daß der Entleerungsversuch in einer sehr lauten Umgebung stattfand (Autobahn- und Flugzeuggeräusche), und die permanente Geräuschkulisse ist ein permanenter Streßreiz für mich. Selbst nachdem die anderen eine gewisse Entfernung weg und garantiert außer Sichtweite waren (ich bin ganz offen damit, daß ich u.U. nicht kann wenn andere in der Nähe sind, hab sie also gezielt weggeschickt) - keine Chance.
Dummerweise kann ich mir im Freien nicht beide Ohren fest zuhalten weil ich ja beim Pinkeln mein Ding festhalten muß, generell gesagt. Ich mußte also unverrichteter Dinge wieder zu der Gruppe stoßen und berichten, daß ich es in ruhigerer Umgebung nochmal probieren muß. Da hat's dann auch tatsächlich geklappt, obwohl die Gruppe diesmal ganz in der Nähe stand.

Ich hatte jedoch schon oft genug Erfolgserlebnisse, bei denen ich mich gefragt habe, warum ich überhaupt denke, ich habe ein Paruresis-Problem. Das sind dann Zeiten, wo ich mich in einer ausgeglichenen Situation befinde. Solange die Geräuschbelastung nur von kurzer Dauer ist oder zumindest nicht permanent, klemmt die Blase nicht. Wobei ich es schon lange nicht mehr im öffentlichen Klo probiert habe weil hier in der Stadt inzwischen alle öffentlichen Klos (die ich kenne) Geld kosten. Ich bezahl doch nicht wenn ich am Ende doch nich kann, ja bin ich denn doof oder was? *grummel*

Wie schon erwähnt, sind Geräusche bei mir nicht das einzige Problem. Aber es scheint ein Hauptproblem zu sein. Ich frage mich also derzeit, ob es hierzu auch Trainingsmethoden gibt, denn mit sozialer Phobie hat das nun wirklich nichts mehr zu tun, auch wenn ich zugebe, daß es am öffentlichen Klo sicher genauso aussehen kann.

wieder mal was dazu schreibende Grüße

Thomas

p.s. Danke an Philip Hammelstein für die Rückmeldung.
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