Mein Weg zum Erfolg

Hier gibt es alles zum Thema psychische Entleerungsstörung
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Bob
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Registriert: 13. August 2011 18:13

Mein Weg zum Erfolg

Beitrag von Bob »

Meine Erfolgsgeschichte

Ich habe Paru seit der Kindheit. Ich glaube, mir ist der Auslöser letztens eingefallen, das könnte passen, aber es würde mich doch irgendwie wundern, weil es keine besonders gravierende Situation war, sondern eher banal.
Ich konnte auf öffentlichen Toiletten nicht nur nicht an Pissoirs, sondern nicht mal in einer Kabine, wenn jemand im Raum war. Zudem fiel es mir in Badezimmern in privaten Wohnungen schwer, wenn jemand im Raum nebenan war: Ganz unangenehm, wenn ich daran dachte, dass auf der anderen Seite der Wand ein Sofa stand, auf dem jemand saß, der mich vielleicht hören (oder auch nicht hören) konnte…
Naja, jedenfalls hatte ich mich über viele Jahre damit arrangiert, was mir nicht sehr schwer fiel: Ich hatte immer gut geplant und bei Tagen außer Haus entsprechend wenig getrunken, und außerdem habe ich eine Wahnsinnsblase, die unglaublich aufhalten kann. Total krass, aber natürlich auch total hilfreich. Sehr erleichtert war ich, als ich mal erfuhr, dass die Blase nicht platzen kann, wenn auch ich zu Genüge die Schmerzen kenne, die man erleidet, wenn man muss, aber nicht kann; mit hinterher ein bis zwei Tage andauernden Blasenschmerzen! Aber das Risiko dazu war doch eher gering, weil sich fast immer irgendwie irgendeine Gelegenheit bot, die selbst ich zum Pinkeln nutzen konnte.
Also führte ich ein relativ „normales“ und aktives Leben: Ich bin die ganzen Jahre über gereist ohne Ende und war sozial sehr aktiv + viel unterwegs; man würde wahrscheinlich gar nicht glauben, dass ich bei diesem Leben ein Paruprob hatte.
Irgendwie kam ich als Student darauf, dass es sich um eine Krankheit handelte. Ich beschäftigte mich auch schon ein wenig damit, und es bestätigte sich meine Vermutung, dass auch andere dieses Problem hatten. Ich erfuhr auch schon, dass es Leute gibt, die geheilt werden oder sich das selbst „abgewöhnen“; aber das müssten weniger schwere Fälle sein als ich, so dachte ich es mir. Bei mir hingegen hielt ich es für unheilbar und deshalb für unveränderbar.

Ich bin Lehrer, und als solcher fährt man ja auch auf Klassenfahrten, wo Paru zu einem echten Problem werden kann. Das war der Grund, weshalb ich es dann doch mal zumindest versuchen wollte, dieses Problem zu bearbeiten. Ich dachte mir zwar, dass ich es nicht schaffen würde, Paru zu überwinden, aber mit einer Linderung wäre mir auch schon geholfen gewesen, sozusagen als Teilerfolg (z.B. immer in Kabinen pinkeln können).
Im Mai 2011 war das Abitur durch, da hatte ich dann deutlich weniger zu arbeiten, und so hatte ich genügend Zeit, den Stier an den Hörnern zu packen und mich systematisch dem Paruprob zu widmen. Ich las „Lass es laufen“ von Hammelstein, aber das fand ich nicht so gut, weil es viel zu knapp ist (Sorry, ich weiß, das ist Majestätsbeleidigung. Aber es ist so, meiner Meinung nach…). Doris Wolfs „Ängste verstehen und überwinden“ hingegen fand ich sehr gut und empfehlenswert, auch ganz nett geschrieben, obwohl es da nicht speziell um Paru, sondern um Ängste allgemein geht.

Meine Übungsstufen zähle ich hier mal auf, weil davon noch niemand im Forum berichtet hat:
1. Außerhalb meines Ortes (mittelgroße Stadt) an mäßig befahrener Hauptstraße, wo man mich beim Pinkeln nicht sieht (z.B. hinter Busch versteckt).
2. Außerhalb meines Ortes an stark befahrener Hauptstraße, wo man mich nicht sieht.
3. Außerhalb meines Ortes an mäßig befahrener Hauptstraße, wo man mich möglicherweise sieht.
4. Außerhalb meines Ortes an mäßig befahrener Hauptstraße, wo man mich auf jeden Fall sieht.
5. Außerhalb meines Ortes an stark befahrener Hauptstraße, wo man mich auf jeden Fall sieht.
Es war jeweils dieselbe Hauptstraße, aber zu unterschiedlichen Uhrzeiten mit deshalb unterschiedlich starkem Verkehr.

Bis zu dieser Stufe 5 sind die Leute nur fix an mir vorbeigefahren, sie wussten nicht, wie lange ich da schon gestanden hatte. Dies war ein guter Umstand, wie mir auffiel. Manche hupten zum Gruß, was mich erschreckte, aber was irgendwie auch witzig war.

6. Außerhalb meines Ortes in der Feldmark, wo die Leute mit ihrem Hund Gassi gehen, und wo sie mich von Anfang bis Ende des Pinkelns sahen. Was für eine Freude, als es die ersten Male tatsächlich klappte! Mittlerweile gar kein Problem mehr. Hier war ich immer mit dem Rad unterwegs, denn so ist man flexibler, kann ziemlich spontan anhalten und pissen, wo man sich gerade in einer passend erscheinenden Distanz zu Spaziergängern befindet.
7. In der nächsten Unistadt auf großen Toiletten mit vielen Pissoirs an unterschiedlichen Wänden, also so, dass man nicht den anderen Pisser sieht, er auf Distanz ist. Bin natürlich erst in den Toilettenraum gegangen, nachdem jemand reingegangen war; aber dieses Auflauern fällt in großen Betrieben nicht auf, wenn man dabei so tut, als würde man lesen oder auf jemanden warten.
8. In kleineren, mäßig frequentierten Toilettenräumen (Uni oder Innenstadt) mit nur einer Reihe Pissoirs an einer Wand, dass man also den/die anderen Pisser zumindest im Augenwinkel hat. Natürlich auch erst, nachdem jemand anderes reingegangen ist.
9. In kleineren, belebten Toilettenräumen (Uni oder Innenstadt) mit nur einer Reihe Pissoirs an einer Wand. Natürlich auch erst, nachdem jemand anderes reingegangen war. Nachdem dies das erste Mal geklappt hatte, habe ich mich im nächsten Café mit einem Stück Torte und einem Glas Sekt belohnt!
Diese Stufe 9 hat dann zwar oft funktioniert, es hat aber doch ein bisschen gedauert, bis es tatsächlich immer funktionierte.

Bis hierher hatte ich immer nur in Anwesenheit von Unbekannten gepisst. Aber allein schon die Vorstellung, mit einem Bekannten zu pissen fand ich unangenehm.

Mit Stufe 9 war erstmal das Ende der Fahnenstange erreicht, denn nun kam ich nicht weiter: Auf der Arbeit traute ich mich noch nicht, und mit Unbekannten klappte es (so gut wie) immer. Ich überlegte hin und her, wie ich „Bekanntschaft“ mit unbekannten Mitpissern aufbauen konnte. So habe ich z.B. eine Zeit lang immer Augenkontakt zu anderen Leuten auf den Pissoirs gesucht, denn dann „kennt“ man sich ja auch schon ein ganz klein wenig; aber ich habe das dann bald wieder aufgegeben, weil sowas extrem missgedeutet werden könnte, also dass man befürchtet, ich würde spontanen Toilettensex suchen, oder sowas.

10. Deshalb suchte ich mir einen Pee-Buddy (hier im Forum), mit dem ich mich einmal traf. Ich weiß es noch genau, es war am 10. September, und es war so supercool. Es hat immer mit ihm geklappt, und ich war so fasziniert, es war so fantastisch, ganz einfach ein bisschen reden, zack Hose auf, pinkeln und dabei ganz locker weiterreden, aufhören und Glied wieder rein in die Hose, und weiterreden. Das war so klasse, ich war nachhaltig schwer beeindruckt. Am Abend, als ich nochmal darüber nachdachte, zitterten mir die Knie! Sowas hatte ich mir noch nie im Leben getraut, mir nicht einmal vorzustellen gewagt. Ich war von diesem Pee-Buddy-Pissen extremst beeindruckt, „positiv geschockt“, falls es so eine Ausdrucksweise geben würde. Vielen Dank an den Pee-Buddy ParuEndIt! Habe Dir viel zu verdanken!

Dieses einmalige Treffen war also ein voller Erfolg. Mein Pee-Buddy erzählte mir auch noch was von der Breath-holing-Methode, das ist auch ganz gut.
Doch im Austausch mit anderen Paru-Leuten erfährt man, dass das Pinkeln mit Pee-Buddy immer recht gut klappt, weil eben eine gewisse Vertrauensbasis da ist. Somit mischte sich in meine Freude auch gleichzeitig eine gewisse Skepsis: Wird mich dieses eine Pee-Buddy-Treffen soweit beflügeln, dass es auch mit anderen Bekannten klappt, die kein Paruprob haben und die nichts von meinem Paruprob wissen?

11. Allein schon, weil ich mich nicht dauernd mit Pee-Buddies treffen kann, habe ich es dann bei der Arbeit versucht. Wir haben ja als Schule feste Pausenzeiten, in den großen Pausen ist oft der eine oder andere Kollege auf der Toilette anzutreffen. Und tatsächlich: Zu Anfang hatte es einmal nicht geklappt, aber ab dem zweiten Mal klappte es! Dabei merkte ich übrigens, was für einen guten Dienst Trennwände zwischen den Pissoirs leisten! Auch beim Ausgehen übe ich mit Freunden, allerdings ohne dass sie „es“ wissen, denn erstens wollte ich mein Problem nicht allzu vielen Leuten erzählen und es unnötig breittreten; ich bin entgegen der vorherrschenden Meinung hier im Forum nicht dafür, möglichst vielen Leuten von dem Paruprob zu erzählen und es so ein Stück weit „normaler“ zu machen; und zweitens hätte es ja mit jedem anderen „aufgeklärten“ Freund sofort problemlos geklappt, aber ich will ja in „natürlichen“ Situationen üben, also dass die anderen am Pissoir nicht davon wissen.
Selten übe ich auch auf dem Schülerklo, nur sehr vereinzelt. Selbst das klappt immer – unvorstellbar noch vor wenigen Monaten. Doch das mache ich aus unterschiedlichen –teils nahe liegenden- Gründen tatsächlich nur sehr vereinzelt.
Mittlerweile hat es fast immer mit „unaufgeklärten“ Bekannten geklappt.


Über diese Monate hatte ich eine Strichliste geführt, wann es wo und wie oft klappte. Jetzt in der Rückschau ist es doch sehr interessant zu sehen, wie sich die Striche pro Zeile mit der Zeit immer weiter und häufiger nach rechts („Es klappt immer“) bewegten. Man sollte immer erst eine Stufe vollkommen beherrschen, ehe man sich der nächst schwierigeren Stufe zuwendet; DANN allerdings klappt es auf der neuen Stufe gleich von Anfang an besser und häufiger, als man vorher gedacht hätte!


12. Ich übe weiterhin (Stufen 9 und 11), denn es ist bei Paru ja so, dass die Angst erst ganz zum Schluss verschwindet, also erst dann, wenn die Toilettengänge selbst längst völlig unproblematisch sind. Ich finde es bei leerer Blase irgendwie unglaublich, dass ich in Anwesenheit anderer pinkeln kann – ein Zeichen dafür, dass ich meine neue und erfreuliche Situation noch nicht verinnerlicht habe; die Angst ist immer noch da, obwohl es schon gut klappt. Diese Schlussfolgerung ist plausibel, weil dieses psychische Problem, das sich innerhalb von 25-30 Jahren in meinem Kopf festgesetzt hat, innerhalb einiger Monate nicht wirklich verschwinden kann.
Ich denke, dass ich zumindest innerhalb der nächsten Monate nicht mit dem Üben aufhören werde, aber das zeitfressende Üben in meiner Freizeit habe ich fast eingestellt. Doch auf der Arbeit, beim Einkaufen und beim Ausgehen übe ich weiterhin kontinuierlich. Ich bin gespannt, ob und wann es mit Bekannten klappt, ohne dass meine Blase voll sein muss, denn das wäre dann die Kontrolle, wie sehr sich auch mein Unterbewusstsein schon umgestellt hat. Ich gehe davon aus, dass dieses weitere Üben mit dem Ziel der Festigung und Gewöhnung die Phase ist, die am längsten dauern wird; aber es ist halt auch die, die am wenigsten unangenehm und zeitaufwendig ist.


Ich habe allerdings einen recht hohen Preis für meinen Fortschritt bezahlt: Das endlose Üben hat mich so viel Zeit gekostet, dass dabei fast meine gesamte (knappe!) Freizeit draufging. Mein Lieblingshobby musste ich für die Zeit komplett auf Eis legen.

Aber ich sehe auch positive Aspekte:
a) Wenn man sowas erreicht, ist das schon ein tolles Gefühl. Ich bin irgendwie nicht stolz darauf, obwohl es zweifellos eine große Leistung ist, sondern ich empfinde eher eine Art Genugtuung, so als hätte ich jetzt endlich, endlich das erreicht, was mir schon seit langer Zeit „zusteht“; aber das Coolste ist, dass man ein ganz anderes Lebensgefühl, „Grundgefühl“ hat. Und diese Zufriedenheit + dieses Grundgefühl setzten schon während der Anfänge des Übens ein.
b) Man lernt viel „unnützes“, aber kurioses Wissen: Z.B. welche verschiedenen Arten von Toiletten und Pissoirs es gibt, wo überall es Toiletten gibt, man stolpert beim Suchen auch auf viele andere Details oder interessante Geschäfte und Cafés, usw. Ich könnte echt schon selbst ein Buch schreiben… :-)
c) Gerade in der Anfangszeit, als ich draußen geübt hatte, war ich viel draußen an der frischen Luft und habe mich bewegt (Fahrrad); das ist für den Körper natürlich viel besser, als nur den ganzen Nachmittag am Schreibtisch zu sitzen.
d) Man trinkt sehr viel, was ja sehr gesund sein soll für den Körper. Aber ich habe keine positiven Effekte gespürt, es fiel mir nur als ein weiterer Vorteil ein.



Man sieht, ich habe im Mai begonnen, und zwar draußen. Ab da sind die Tage lang und viel gutes Wetter, da machte das Üben dann mehr Spaß. Ich wollte bis zum Herbst soweit gekommen sein, dass ich auf Toiletten - also drinnen- üben kann, unabhängig vom Tageslicht; aber ich habe mich selbst überholt!
Im Winter hätte ich mit diesen Stufen nicht beginnen können und wollen, auch, weil es im Winter ja sehr früh dunkel wird, und im Dunkeln ist das Pinkeln kein Problem, weil man von der Dunkelheit verschluckt wird. Außerdem – bis man durch seine vielen Kleiderschichten sein Glied rausgezogen hat, dauert es sehr lange, total ungemütlich.

Auffallend ist der kurze Zeitraum von lediglich acht Monaten, in dem ich (fast) zum Ziel gekommen bin. Aber wie gesagt: Es war zwar ein relativ kurzer Zeitraum, aber ich habe sehr viel Zeit investiert! Und es erfordert eine sehr gute Selbstdisziplin. Man muss sehr oft üben, üben, üben, dabei reflektieren und niemals aufgeben. Wer das Üben schleifen lässt oder sich pessimistisch hängenlässt wird nicht zum Ziel kommen.
Ein weiterer Grund für meinen schnellen Erfolg könnten die ganzen Jahre vor meinem eigentlichen Training gewesen sein: Vielleicht war es wichtig, ein Leben zu führen, als ob man gar kein Paru hätte! Ich hatte zwar an vielen Tagen unter Paru gelitten, aber ich habe mir nie mein Leben davon diktieren lassen, nie mein Leben auf Paru ausgerichtet. Wenn diese Vermutung stimmt, müsste ich noch eine Stufe 0 in meinen oben genannten Stufen einfügen: Leben, als ob man gar kein Paru hätte.

Kann ich Euch sonst noch einen Tip geben? Irgendwie hat es mir auch sehr geholfen, glaube ich, ganz allein zu Hause zu üben! Und zwar so, dass ich auf der Toilette gesessen habe mit geschlossenen Augen, und dann habe ich mich in der Vorstellung in eine Problemsituation hineinbegeben, habe mich also intensiv in eine Pissoirsituation hineingedacht. Und die körperlichen Reaktionen waren die gleichen wie in den Echtsituationen! Auf der Toilette zu Hause kann man das Aushalten der Situation und die Gleichgültigkeit ganz gut trainieren. Aber natürlich, es ersetzt in keiner Weise die realen Toilettengänge, es ergänzt sie nur. Irgendwie hilft das, auch wenn mir nicht ganz einleuchtet, wieso.
Vielleicht wäre noch ein guter Tip, hier im Forum hauptsächlich Erfolgsgeschichten zu lesen. Zwar ist es zu Beginn aufbauend und tröstend zu sehen, dass es auch viele andere Leute mit diesem Problem gibt, aber später sollte man sich doch lieber mit positiven Berichten befassen, mit welchen, die einem Mut machen und einen aufmuntern.

Demnächst werde ich mich aus diesem Forum abmelden, aber vorher werde ich noch eine Spende tätigen! Habe dieser Seite ja viel zu verdanken, das ist mir bewusst! An dieser Stelle tausend Dank, v.a. dem Hauptmoderator Carsten. Das ist ein sehr ehrenwerter Dienst, den Du und Dein Forum hier leistet! Wenn Du willst, kannst Du diesen Bericht in die Unterseite „Berichte“ verschieben, dort wäre er eigentlich richtig eingeordnet.

Euer Bob, der das Problem wohl noch nicht vollständig überwunden hat, der aber immerhin schon „übern Berg“ ist!
Svenja
Poweruser
Beiträge: 290
Registriert: 6. Oktober 2006 15:32
Wohnort: Witten

Beitrag von Svenja »

Hallo Bob!

Dein Beitrag liest sich so, als hättest du von mir abgeschrieben:

Parkplatz-Test

Breath-Hold-Method

LG Svenja
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