Hallo!
Ich muss jetzt endlich mal loswerden, wie froh ich bin, dass ich dieses Forum entdeckt habe und zeigen, dass es eine weitere Frau gibt, die unter Paruresis leidet. Seit etwa einem Monat lese ich hier immer mal wieder Beiträge und bin wirklich froh, dass ich nicht alleine mit diesem Problem bin. Ich bin 31 Jahre alt und leide schon seit meiner Kindheit darunter, in der Öffentlichkelt nicht auf die Toilette gehen zu können. Allerdings kann ich nicht so genau sagen, wann es angefangen hat, aber ich kann mir vorstellen, dass ein Zwischenfall auf der Schultoilette in der 5. Klasse der Auslöser war. Ich war damals auf einer OS, die mit einer Haupt- und Realschule verbunden war, und vom Schulhof aus gab es eine Gemeinschaftstoilette mit vielen Kabinen, die oben zum Nachbarn offen waren. In den Pausen war immer ziemlich viel los, und das Schlimme war, dass sich einige Mädchen immer auf die Toilette gestellt haben und oben rüber geguckt haben. Ich habe das gehasst , und irgendwann hab ich mich mit einer Hauptschülerin angelegt und sie hat mir Prügel angeboten. Vor der Kabine kam es dann zur Auseinandersetzung. Ich bin zwar recht groß gewesen, sie aber war viel kräftiger und einiges älter. Ihr könnt euch denken, wie das ausgegangen ist. Danach bin ich nie wieder auf diese Toilette gegangen. Bis zur Oberstufe bin ich in der Schule nie wieder aufs Klo gegangen, danach nur noch während der Unterrichtsstunden.
Heute ist das so schlimm, dass ich grundsätzlich Angst habe, auf öffentliche Toiletten zu gehen, natürlich nicht, weil ich denke, verprügelt zu werden. Aber ich kann einfach nicht. Meine Erfahrungen decken sich zum großen Teil genau mit den euren. Allerdings habe ich seit längerer Zeit angefangen, zu versuchen, mich den Situationen irgenwie zu stellen. Das heißt, ich verzichte nicht mehr aufs Trinken (was mir in der Vergangenheit schlimme Blasenentzündungen beschert hat) und ich gehe auch auf Parties. Aber ich muss feststellen, dass ich zwar auf die Toilette gehe, aber häufig abwarte, bis die anderen draußen sind. Oder aber ich plane im Vorhinhein genau, wann ich gehen kann, d.h. wann die Wahrscheinlichkeit auf jemanden zu treffen sehr gering ist. Das ist natürlich auch eine Art Vermeidungsverhalten, aber anders gehts einfach nicht. Mein Leben ist durch diese Sache total eingeschränkt, weil ich auf einige Sachen trotzdem verzichte. Beispielsweise sind für mich Busreisen völlig undenkbar und Veranstaltungen mit Dixis ausgeschlossen.
Eigentlich verstehe ich gar nicht, wieso ich unter Paruresis leide, die ja viel mit Scham zutun zu haben scheint. Ich bin eigentlich kein Mensch der sich groß schämt und meine engsten Verwandten und mein Freund wissen um das Problem. Bei meinem Freund habe ich gar kein Problem, zu pinkeln. Wir haben sogar schon mal ausprobiert, uns gegenseitig dabei zuzugucken, und es hat geklappt! Wenn wir allerdings irgendwohin wollen, er steht im Flur, zieht sich die Schuhe an und ich muss nochmal schnell vorher aufs Klo, ist es aus. Keine Chance. Ich gerate so in Zeitdruck, bekomme Schweißausbrüche, ärgere mich so über mich selber und könnte nur noch wütend brüllen. Danach bin ich so fertig, dass unsere Laune dahin ist. Echt super!
Aber jetzt habe ich beschlossen, endlich was zu unternehmen. Ich habe mir das Buch von Dr. Hammelstein gekauft, und in 2 Wochen habe ich einen Termin bei einer Verhaltenstherapeutin. Mal sehen, wie das wird.
Ich hoffe sehr, in Zukunft hier noch mehr von Frauen zu lesen, die ebenfalls unter der Paruresis leiden. Ich selber bin auch froh, dass hier nicht nur Männer schreiben, obwohl ich für jeden Erfahrungsbericht dankbar bin, weil er mir zeigt, dass ich nicht die einzige bin, die dieses Problem hat.
Viele Grüße, Claudia
