Kleine Schritte - und doch sichtbar

Zum Eintragen positiver Erlebnisse und Fortschritten

Moderator: SimoneH

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Benny48
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Re: Kleine Schritte - und doch sichtbar

Beitrag von Benny48 »

Weiter geht's!
Nach dem verblüffenden Erfolg, bin ich natürlich dran geblieben.
In der "realen" Welt ist vieles natürlich nochmal anders.
Voll fies: Geschäftsreise mit ICE. Start im Hauptbahnhof München - fieses Setting (sehr Hell, sehr offen, sehr rund (seht es Euch an :-) ) und viel Lärm und Getue die ganze Zeit.
Aber im ICE besonders fies: 6 von 10 Toiletten im Zug gesperrt. Schlangen davor und das ewige Gewackel - ohne Vorwarnung. Hat aber mehrfach geklappt. Mal leichter, mal schwerer...
Hauptbahnhof Frankfurt war leichter - die Nähe war nicht ganz so kuschelig ;-)
Im Büro und beim Sozializing nicht vermieden (aber auch mal in die Kabine gegangen)...

Am Mittwoch wieder Buddy-Übung (diesmal nur zu zweit... leichte Panik, da kann man sich nicht so hinter dem Dritten verstecken :-) )
Guter Start in der öffentlichen, mehrfach. Und langsam komme ich auch Entspannt in ein Gespräch währenddessen. - Bisher nicht mal im Ansatz vorstellbar, zu pinkeln, wenn jemand so nah ist und auch noch quatscht.... und nun kann ich sogar mit quatschen.

Danach weiter in die gut bürgerliche Wirtschaft. Ein paar (alkoholfreie Weißbier und eine Flasche stilles Wasser - die Bedienung war etwas ungläubig). A bisserl hatte ich natürlich Bammel, was der Wirt, die Nachbarn und Tante Hilde denken, wenn wir dauernd(!) zu zweit(!) auf's Klo rennen und auch noch besonders dann, wenn gerade wer anderes geht (!!).
Sch... egal :-) Wir haben uns gut unterhalten über Gott, die Welt und das Pinkeln in der Öffentlichkeit. Das war echt entspannend. Und von den Erfahrungen der anderen zu hören, die sich in der Zeit alleine genau wie ich als Sonderfälle oder Aussätzige oder Vollhonks gefühlt haben.

Naja, sehr erfolgreich. Die Anlaufhürden werden geringer. Das Gequassel, die Nähe, die zum Flur offenen Türen, der Typ in der Kabine hinter uns - kein Thema an dem Abend :-)
Auf der Heimfahrt nochmal in die U-Bahn Toilette und dann glücklich heim ins Bett.

Eine Erkenntnis - auch aus den Geschichten der Profis: es dauert a bisserl und man sollte durchgehend dranbleiben. Vermeiden verschlechtert.
noch eine Erkenntnis: ich habe häufig vermieden (40 Jahre x 365 Tage x ca. 5x täglich = ca. 73.000 mal) da darf es auch mal ein bisserl zur Erlösung dauern ;-)
Hayakusa
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Re: Kleine Schritte - und doch sichtbar

Beitrag von Hayakusa »

Hey Benny,

wow! Das ist ja mega, was du hier tust! Bitte mach weiter, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie viel Macht im Schreiben/Aufschreiben steckt. Gedanken und Gefühle manifestieren sich.

Das wird dir extrem auf deinem Heilungsweg helfen. Und wir Leser/innen profitieren davon, uns nicht allein zu fühlen und dich als Inspiration zu nehmen, auch an uns zu arbeiten.

Ganz großes Kino mein Lieber!

Halt durch und viel Spaß beim besiegen der Angst! 8)
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Benny48
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Re: Kleine Schritte - und doch sichtbar

Beitrag von Benny48 »

Hey Hayakusa,
Merci Dir.
Ja, das Schreiben hilft wirklich und ich lasse auch mal jemanden lesen (angefangen bei meiner Frau), was ich schreibe.
Ansonsten erzähle ich auch - es ist aber unglaublich schön und erleichternd, sich nicht als der Weirdo zu fühlen und alles nur mit sich alleine im Kopf auszumachen - da kommt auch nur Schmarrn dabei raus...
Viele Grüße und Danke
Benny
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Benny48
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Re: Kleine Schritte - und doch sichtbar

Beitrag von Benny48 »

Habe gerade Zeit... weil ich zwischen zwei Übungen stecke :-)
Ich versuche meine Übungen mit dem täglichen Leben zu verknüpfen. D.h. meine Wartezeiten beim Einkaufen mit meiner Frau, Besuch im Café etc. sind halt einfach mit mehr Wasser gefüllt (mittelgutes Wortspiel, hat mir aber Freude bereitet...).

Ich sitze also gerade im Einkaufszentrum, habe eine äußerst gute Übungsrunde hinter mir und warte auf den nächsten Lauf (ok, heute komme ich aus den Wortspielen nicht raus, bin aber einfach auch zu gut gelaunt :-) )

So ein paar Erkenntnisse:
- Häufiges üben und in den Alltag einbauen führt zu viel Übung ... klar.
- jetzt kommt es: wenn ich häufig übe, fallen einzelne weniger tolle Ergebnisse nicht so sehr ins Gewicht ! resp. werden sofort wieder ausgeglichen (hatte ich heute).
- Wobei die Latte (ok, das war jetzt ein Versehen) immer höher liegt (jetzt konnte ich nicht anders). D.h. die (um "Fehlschläge" zu vermeiden) nicht optimalen Ergebnisse sind soviel mehr als alles, was ich die letzten Jahr(zehnte) getan habe - also völlig in Ordnung :-)
- Ich werde meine Kumpels für Übungen weiter triezen, damit wir uns wieder treffen, weil das "jemand steht in geplanten Abständen nahe bei mir" für mich momentan der wichtigste Faktor ist. Die Nähe, resp. Anwesenheit oder Wechsel von Personen irritiert mich immer noch am meisten .

Noch eine Anekdote:
Letzte Woche hatte ich Geburtstag, habe in einer tollen Wirtschaft gefeiert und habe ohne Rücksicht auf Verluste getrunken (auch Alkohol aber nicht nur). Die Urinale waren relativ eng und ohne Sichtschutz, etc. und blöd.
Habe aber nur die benutzt.
Da es keine Übungssitutation war, waren aber halt nie die ganz fiesen Situationen (nur halb-fiese) - anyway: kein "Abwarten und schauen", kein taktieren, kein "ja aber doch nicht". :-P
Und habe es auch noch ein paar Kumpels erzählt.
Die Entrüstung über mich Freak und die soziale Ausgrenzung nach meinem Outing? = 0. (einer findet Urinale voll behämmert und geht grundsätzlich auf das Häuschen....)

So, fertig, gehe wieder üben.
Servus
Benny
HaH
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Re: Kleine Schritte - und doch sichtbar

Beitrag von HaH »

Hallo Benny,

da, wie ich lese, du sehr kontinuierlich im Alltag übst, wird sich so glaube ich der Erfolg mehr und mehr einstellen.
Die kleinen Erfolge die du erlebst und beschrieben hast, sind meines Erachtens schon beachtlich.
Hut ab vor deiner Disziplin, wirklich Tag für Tag dich der Angst zu stellen.
Wichtig ist wirklich das Üben mit wechselndem "Partner" bzw. wechselnden Situationen verschiedener Schwierigkeitsstufen.
Wenn du so weiter machst, wirst du dem Ziel, ohne große Anspannung oder Streßlevel auf eine Toilette zu gehen bald sehr nahe sein.
Da ich nur gelegentlich übe bzw. mich bewusst meiner Angst am Urinal aussetze, stellt sich auch nur ab und zu ein Erfolg ein.

Seit dem Workshop 2022 in Wien ist mir aber bewusst geworden, das es vollkommen o.k. ist jederzeit auch die Kabine zu wählen. Durch dieses Bewusstsein "Kabine steht mir zu" bin ich heutzutage wesentlich streßfreier in meiner Freizeitplanung geworden. Wesentlich weniger Kopfkino vorab. Kabine geht also immer und ob das Urinal eine Option ist, sehe ich dann vor Ort.

VG Johannes
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Benny48
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Re: Kleine Schritte - und doch sichtbar

Beitrag von Benny48 »

Kurzes Update.
Ich bleibe weiter dran.
- Treffe mich immer wieder mit Buddies - gerne auch mit neuen... einfach melden
- Habe meine täglichen Rituale beim Morgen-Cappuccino im Cafe, resp. U-Bahn
- im Büro ohne strategische Planung und Vorsicht - einfach rein
- Trinke immer relativ viel, wenn ich in der Stadt unterwegs bin. Dann auf die Standard-Toilette im Lokal oder öffentlich.

Klappt oft, manchmal nicht optimal, dann greifen weiterhin Plan A, B und C
A) Reingehen und pinkeln
B) Aushalten am Urinal (die peinliche Stille und das warten :-)
C) Dann entspannt zum Stall wechseln (auf keinen Fall die Toilette verlassen und verschämt wieder zurück kommen)

In 99% der Fällen klappt das. Aber einige Situationen sind over the top... (Am Samstag war am Viktualienmarkt dank des Sommerwetters viel los. Wir waren in einer bekannten Wirtschaft mit viel Publikum und Gaudi. Die Toilette: Winnzig, 3 Urinale direkt nebeneinander + winziger Stall, der dauerbelegt war und ständiges kommen und gehen, keine Ruhe... Also dann halt zum Nachbarwirt, der seine Gäste zumindest ein bisserl mag.
Hinweis für die geschockten Leser: Ich habe mich ja bei Kumpels geoutet und auch welche, die eher wenig Probleme haben, fanden die Situation auch nicht angenehm (d.h. sie sind dann nicht rein!)

Ich bleibe dran und finde es weiter verblüffend, wie manche Dinge "normal" werden könne, die früher nur peinlich und unangenehm waren.
- auf öffentliche Toilette gehen
- mit anderen drüber reden
- nicht vorher strategisch planen
- nicht raten, ob die Toilette leer ist
- einfach mal am Urinal stehen bleiben, wenn andere kommen und gehen
- am Urinal (!) pinkeln
- Weiter pinkeln, wenn andere kommen, gehen oder reden

Ich bleibe dran...
Und der nächste Workshop in Wien kommt ja auch bald...
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