einige Worte

Hier gibt es alles zum Thema psychische Entleerungsstörung
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Dieterr

einige Worte

Beitrag von Dieterr »

Hallo Carsten!

Ganz für mich persönlich habe ich es nie als krankhaft erlebt, dass es mir schwer fällt im Beisein Anderer zu pinkeln. Trotz anderer rationaler Einsicht schäme ich mich halt ein Bisschen. Ich weiß, dass das nicht zu sein bräuchte. Es ist aber so. Manchmal geht es, manchmal geht es nicht.
Auf längeren Fahrten ist das schon gelegentlich störend. Denn gerade
Autobahn- und Bahnhostoiletten finde ich besonders unangenehm.

Der Hintergrund ist vermutlich der, dass ich leibfeindlich (40iger- und
50iger-Jahre) erzogen worden bin. Als Kindhabe ich geglaubt, dass Geschelchtsorgane so heißen, weil sie mit dem Schlechten zu tun hätten.
Ich bin als Kind auch öfter auf die "Gefahren auf fremden Toiletten"
hingewiesen worden. Das hat damals ganz schön gesessen. Heute kann ich das relativieren, aber ich kann es nicht ganz aus meinem Gefühlsleben herausnehmen. Insgesamt fühle ich mich nicht krank damit. Nur manchmal empfinde ich es als lästig. Wenn es nicht anders ist, sehe ich zu, dass ich eine Toilettenzelle bekomme.

Da ich einen medizinischen Beruf habe, kann ich mir das Ganze auch von der fachlichen Seite anschauen. Dass es sich um psychische Hemmungen handelt, war mir schon klar, bevor ich das Problem aus fachlicher Sicht kennen gelernt habe.

Aus meiner beruflichen Praxis weiß ich, dass das Problem wahrscheinlich viel häufiger ist, als es in Statistiken genannt wird. Ich muss nämlich gelegentlich auf meiner Arbeit, Menschen unter Sichtkontrolle in einen Probenbecher urinieren lassen. Es handelt sich um Suchtkranke, bei denen durch eine Urinkontrolle festgestellt werden soll, ob sie eventuell etwas genommen haben oder nicht. Dabei habe ich gesehen, dass es bei sehr vielen Männern dieses Problem gibt. (Einige schützen das natürlich bei den Urinkontrollen auch nur vor, um sich davor zu drücken. Dann bleibe ich hart und warte, bis es geht.)

Ich glaube, dass es gut ist, über die Paruresis offen zu sprechen. Das nimmt dem Ganzen das "Geheimnisvolle" oder Schreckliche. Ich glaube nicht, dass man wegen Paruresis immer gleich eine Psychotherapie machen muss. Das könnte dann sein, wenn man in dem Zusammenhang heftige Erlebnisse gehabt wie z. B. sexueller Missbrauch oder Gewalterlebnisse oder wenn man Schwierigkeiten mit der eigenen Identität als Mann hat.
Dann gibt es aber bestimmt noch weitere Schwierigkeiten. Da kann es dann sehr sinnvol sein, sich an einen Psychotherapeuten zu wenden. Bei Psychoanalyse und Tielfenpsychologie muss man sich darauf gefasst machen, dass es erst einmal noch um viele andere Dinge oder besser gesagt um das geht, was hinter der Störung steht. Bei Verhaltenstherapeuten könnte das Symptom und ein entsprechendes Training mehr im Vordergrund stehen. Aber natürlich wird auch der Verhaltenstherapeut sich genau anschauen, welche Probleme sich noch um die Paruresis herumranken.

Ich finde es sehr gut, dass es eine WEB-Site zu diesem Thema gibt. Sie kann bestimmt helfen, aus der Sackgasse herauszukommen.

Viel Erfolg und viele Grüße

Dieter
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