Meine Geschichte

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Mackie
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Meine Geschichte

Beitrag von Mackie »

Hallo zusammen,

ich bin männlich, 27 Jahre alt und habe eigentlich schon seit ich denken kann Paruresis. Ich denke, dass ich ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein habe und ich mich durch die Paruresis nicht so sehr in meinem Verhalten beeinflussen/einschränken muss wie andere Leidensgenossen, aber trotzdem möchte ich das Problem jetzt endlich mal angehen, da es für mich persönlich schon natürlich auch belastend ist.

Meine Situation ist die Folgende:
Im Sitzen pinkeln auch wenn es komplett still ist und andere warten geht für mich mit etwas Konzentration.
Direkt neben anderen pinkeln im Stehen ist für mich in 99% der Fälle unmöglich.
In Situationen in denen die Gefahr besteht, dass jemand hereinkommen könnte, geht es würde ich sagen in 50% der Fälle, je nach Situation.

Ich habe mich jetzt vor ca. 2 Wochen angemeldet für den Selbsthilfekurs von Wemingo, vielleicht habt ihr davon schon gehört. Dabei handelt es sich um eine kognitive Verhaltenstherapie und ich würde sagen, dass ich diesen Kurs ernstnehme, ausführliche Gedankenprotokolle etc. schreibe, aber eben noch am Anfang stehe. Im Rahmen dieses Kurses habe ich mir vorgenommen mich in einem Paruresis Forum anzumelden, um mich mit anderen Betroffenen auszutauschen und letztlich auch meinen Fortschritt zu dokumentieren, sozusagen auch als Selbstkontrolle.

In einer Toilette in einem Kaufhaus mit 3 Urinalen mit Trennwänden konnte ich heute ohne Probleme laufen lassen, allerdings war die Toilette ansonsten leer, es bestand aber natürlich die Möglichkeit, dass jemand hereinkommt. Mag nur ein kleiner Fortschritt sein, aber gefreut habe ich mich trotzdem, dass es geklappt hat.
Beruflich als auch privat ist es so, dass ich relativ selten in Berührung mit diesem Problem komme, da ich quasi alleine arbeite im Büro. Höchstens am Wochenende, wenn ich auf Partys gehe (3-4 mal im Monat) stolpere ich am Meisten über die Paruresis.

Ich bin zuversichtlich, dass ich die Paruresis irgendwann besiegen kann, weiß aber, dass das immer wieder mit Rückschlägen verbunden sein wird.

Falls das hier zu einem Selbstgespräch ausartet, ist das für mich auch kein Problem, hauptsache es hilft ;-)
Rolf
Poweruser
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Rolf »

Mackie hat geschrieben: 20. Januar 2018 21:28 Falls das hier zu einem Selbstgespräch ausartet, ist das für mich auch kein Problem, hauptsache es hilft ;-)
Gleich ins Schwarze getroffen – nicht schlecht!

Als soziale Phobie kann P. durchaus isolatorische Tendenzen aufweisen. Wenn das Dein Ansatz ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, vom Übungsprogramm des Webmasters, bis zur professionellen Therapie, wie TV (VT?) oder stärkere Geschütze wie Hypnose. Wenn Du weißt wofür / wogegen! Die Therapeuten, die sowas anbieten sollten wissen was sie tun. Wenn da so einer kommt wie ich und will reich und schön werden. Wichtig ist halt nach wie vor heraus zu finden, woher das Übel kommt – einfach für den richtigen Weg. (Unsere) Ängste maskieren sich häufig.

Immerhin hast Du die Möglichkeit, das ganze ohne größeren Streß anzugehen. Das ist nicht allen vergönnt. Gerade der Druck auf der Arbeit macht es für viele noch schlimmer, als es grundsätzlich schon ist.

Es handelt sich ja eigentlich um ein Allerweltsgeschäft, nicht wahr :wink:
Mackie
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Mackie »

Dieses Wochenende war ich in 2 Clubs in denen ich etwas "trainieren" konnte. Die erste Toilette war im Prinzip alles was einem Paruretiker (sagt man das so?) so Angst machen kann: viele Leute auf der Toilette, nur eine Pinkelrinne ohne jegliche Privatsphäre.
Ich war recht betrunken und es war ziemlich laut, das machte es etwas einfacher. Es kam zwar etwas, aber nicht viel, der Harndrang war aber auch nicht übermäßig. Ich hab das eigentlich als Erfolg gewertet, da es zumindest ein bißchen lief und teilweise Leute direkt neben mir standen. Mir ist außerdem aufgefallen, dass neben mir auch noch andere Leute so ihre Schwierigkeiten hatten.

Im 2. Club hab ich 2 mal geübt, es gab auch recht wenig Privatsphäre, es stand aber sonst niemand neben mir, aber es gab natürlich die Gefahr, dass jederzeit jemand reinkommen könnte. Auf jedenfall lief es bei beiden Malen, ich glaube auch durch das zumindest kleine Erfolgserlebnis vom Vortag.

Ich weiß, dass es immer wieder Rückschläge geben wird, aber trotzdem zieh ich da aus diesen Erlebnissen jetzt schon viel Positives raus.
Mackie
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Mackie »

Mal wieder ein kurzer Zwischenbericht:

Ich habe wie beschrieben relativ wenige Möglichkeiten zur Übung, versuche mir die Situationen aber dann doch auch schon bewusst zu suchen in denen ich üben kann.
Es gab in der letzten Zeit sicher ein paar Erfolgserlebnisse, allerdings auch den ein oder anderen Rückschlag, aber ich weiß, dass das nunmal dazu gehört.

Bei dem Kurs von Wemingo bin ich gerade bei dem Part die negativen Gedanken, Gefühle etc. durch alternative Gedanken auszutauschen. Das schreibe ich recht diszipliniert immer wieder auf und ich denke, dass ich da auf einem guten Weg bin. Mir hilft es eine gewisse Anleitung zum Umgang mit diesem Thema zu haben und dafür ist Wemingo sicher gut.
teemoh
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von teemoh »

Hey Mackie,

danke, dass du deine persönlichen Erfahrungen mit uns teilst!

Ich finde an deinem Bericht besonders beneidenswert, dass du dir die Übungssituationen suchst und gezielt angehst. Im Club zu üben, finde ich dabei auf jeden Fall sehr selbstbewusst. In meiner Situation als Student ist es z.B. komplett andersherum: Ich habe sehr viel Zeit und unglaublich viele Orte zum üben, schaffe es aber nicht, endlich zu konfrontieren. Deine Erfolgserlebnisse, würde ich aus meinen Erfahrungen auf jeden Fall als welche bezeichnen. Sowas motiviert! Dran bleiben!
Mackie
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Mackie »

Danke für deine Worte, dann weiß ich, dass das hier vielleicht doch jemand liest ;)
Die Konfrontation in einer Disco finde ich je nach Situation gar nicht soo schlimm, da ich schon meist etwas getrunken habe, weiß dass die anderen um mich rum auch getrunken haben und dadurch die Aufmerksamkeit vielleicht einfach woanders ist.

Konfrontation ist glaube ich wirklich das Wichtigste bei der ganzen Geschichte und ganz wichtig aber besonders schrittweise Konfrontation, also nicht Schritt 3 (z.B. Pissoir ohne Trennwand direkt neben einem Bekannten) vor Schritt 1 (Pissoir mit Trennwand neben Unbekanntem), bzw. wenn es sich nicht anders gestalten lässt, dann einfach nicht entmutigen lassen.

Ich versuche einfach mit aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und hoffe so langsam eine Besserung festzustellen...
Mackie
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Mackie »

Meine letzten Nachrichten hier sind ziemlich lange her, daher möchte ich mal ein Update teilen:
Vorab muss ich sagen, dass auch ich bisher keine "Wunderheilung" erfahren konnte.
Ich setze mich manchmal mehr, manchmal weniger intensiv mit dem Thema auseinander, da ich mich noch immer in der Situation befinde, dass ich nicht zwingend häufig mit meiner Paruresis konfrontiert bin durch meine Jobsituation etc.

Da ich weiß, dass man zur Besserung besonders die kleinen Schritte wertschätzen sollte, bin ich zumindest stolz auf mich, dass ich viel seltener Vermeidungsstrategien anwende. Ich versuche mich also doch immer wieder der Situation zu stellen und natürlich gibt es dabei immer mal wieder Rückschläge. Am Anfang haben mich diese Rückschläge allerdings noch viel mehr belastet als jetzt. Mittlerweile weiß ich, dass es einfach gute und schlechte Tage gibt und man sich von schlechten Tagen nicht runterziehen lassen darf, dann probiert man es halt beim nächsten mal wieder.

In den letzten Wochen gab es ein paar Situationen auf die ich aufbauen möchte, da das eigentlich nicht selbstverständlich ist:
In einem Kaufhaus bin ich neulich auf eine Toilette gegangen wo sehr viel los war. Es gab ein paar Leute die vor den Kabinen gewartet haben und ich habe mich selbstbewusst ans Pissor gestellt. Davon gab es drei nebeneinander, allerdings mit Trennwand. Am Anfang standen wir dort zu zwei und dann kam ein dritter dazu und trotzdem lief es bei mir mit etwas Geduld.
In einer anderen Situation war ich zuerst alleine an einem Pissoir (wieder drei nebeneinander, aber diesmal ohne Trennwand) und es fing an zu laufen. Dann kam jemand dazu und es stoppte erstmal. Ich überlegte kurz abzubrechen, habs dann aber durchgezogen, obwohl ich dann doch relativ lange dort stand, aber es hat dann letztlich geklappt, war für mich ein sehr großer Erfolg.

Das Thema hat mich teilweise sogar in meinen Träumen verfolgt, wenn ich dort auf Toilette musste (verursacht vermutlich dadurch, dass ich in echt auch musste). Häufig war es dann auch im Traum so, dass ich diese Situationen gemieden habe, aber manchmal kommt es jetzt schon vor, dass ich auch im Traum selbstbewusst an das Thema gehe, was ich auch als Fortschritt sehe, da gerade das Unterbewusstsein bei dem Thema ja so wichtig ist.

Für mich funktioniert ein "Trick" eigentlich ganz gut. Ich stelle mich ans Pissoir und versuche es durch recht starken Druck zu pinkeln. Das funktioniert nicht immer so einfach, aber hilft mir irgendwie dabei lockerer an das Thema ranzugehen, da es mir auf der anderen Seite den Druck nimmt, da ich weiß, dass ich zumindest ein "Ass im Ärmel" habe und mich nicht komplett darauf verlassen muss entspannt auf Toilette gehen zu können.
Ich weiß, dass häufig beschrieben wird, dass es eigentlich um die Entspannung und das Anfreunden mit der Toilettensituation geht und das rauspressen eigentlich nicht das Ziel sein sollte. Für mich stellt es aber einfach eine Hilfe dar, durch die ich eben eine gewisse Ruhe bekomme, weil ich weiß, dass ich es auf diese Weise eben immer versuchen kann, wenn es nur mit Entspannung nicht funktioniert.

Vermutlich habe ich das ganze hier hauptsächlich für mich geschrieben, kann mir aber vorstellen, dass so Bericht auch anderen hilft, um zu sehen wie andere an die Sache herangehen. Vielleicht habt ihr ja auch eine Meinung zu meiner Herangehensweise :)
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ParuWien
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von ParuWien »

Mackie hat geschrieben: 26. September 2019 13:52 In den letzten Wochen gab es ein paar Situationen auf die ich aufbauen möchte, da das eigentlich nicht selbstverständlich ist:
In einem Kaufhaus bin ich neulich auf eine Toilette gegangen wo sehr viel los war. Es gab ein paar Leute die vor den Kabinen gewartet haben und ich habe mich selbstbewusst ans Pissor gestellt. Davon gab es drei nebeneinander, allerdings mit Trennwand. Am Anfang standen wir dort zu zwei und dann kam ein dritter dazu und trotzdem lief es bei mir mit etwas Geduld.
In einer anderen Situation war ich zuerst alleine an einem Pissoir (wieder drei nebeneinander, aber diesmal ohne Trennwand) und es fing an zu laufen. Dann kam jemand dazu und es stoppte erstmal. Ich überlegte kurz abzubrechen, habs dann aber durchgezogen, obwohl ich dann doch relativ lange dort stand, aber es hat dann letztlich geklappt, war für mich ein sehr großer Erfolg.

Das Thema hat mich teilweise sogar in meinen Träumen verfolgt, wenn ich dort auf Toilette musste (verursacht vermutlich dadurch, dass ich in echt auch musste). Häufig war es dann auch im Traum so, dass ich diese Situationen gemieden habe, aber manchmal kommt es jetzt schon vor, dass ich auch im Traum selbstbewusst an das Thema gehe, was ich auch als Fortschritt sehe, da gerade das Unterbewusstsein bei dem Thema ja so wichtig ist.
Wahnsinn, was du da geschafft hast! Du kannst stolz auf dich sein, diese Fortschritte sind phänomenal!

Selbstbewusstsein ist auch für mich der Schlüssel zu diesem Thema, ich finde damit steht und fällt die Problematik. Auch mit Selbstbewusstsein ist man sicher nicht davon befreit, allerdings traut man sich mehr zu und stellt sich schneller diesen unangenehmen Situationen, womit man enorme Fortschritte erzielen kann. Du bist ein super Beispiel dafür - danke, dass du deine Erlebnisse mit uns teilst!

Auch das Thema mit dem Unterbewusstsein und träumen kann ich nur bestätigen. Schon öfter wurde ich im Traum mit Paruresis konfrontiert und ich merkte, wie mein Unterbewusstsein die Oberhand über dieses Problem hat.

Wenn man sich deine älteren Beiträge anschaut und diese mit deinem letzten vergleicht, merkt man, wie weit du es geschafft hast. Was denkst du, hat dir am meisten weiter geholfen? Für mich als Studenten sind hier auch deine Party-Stories interessant, genau hier werde ich am Extremsten mit Paruresis konfrontiert und vermeide es dadurch zunehmend, in Clubs zu gehen, wo ich die Toilettensituation nicht kenne.
Mackie
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Mackie »

Ich hatte neulich wieder die Situation, dass zwar niemand anderes neben mir am Pissoir stand, aber eine weitere Person befand sich im Raum und die Wahrscheinlichkeit, dass jemand dazukommen könnte war relativ hoch (ist auch einer gekommen, aber direkt in die Kabine gegangen).
Trotz dieser "heiklen" Situation in der ich vor ein paar Monaten noch kaum eine Chance gehabt hätte, lief es quasi sofort und das war ein richtig gutes Gefühl.

Ich denke zumindest momentan ist für mich folgendes am hilfreichsten:

Wenn ich ans Pissoir gehe, dann versuche ich wie weiter oben erwähnt von Anfang an durch recht starken Druck den ich ausübe auf meine Blase zu pinkeln, also als ob ich es "rauspressen" will :D
Das mag am Anfang etwas komisch sein und vielleicht auch nicht unbedingt der beste Ansatz auf den ersten Blick, allerdings funktioniert es bei mir oft zumindest ein bischen. Im Lauf der Zeit ist dieser Mechanismus aber gefühlt einfach nur eine Eselsbrücke für mein Unterbewusstsein, so nach dem Motto:
Wenn es nicht läuft, haben wir immer noch einen Plan B.
Und dieser Plan B den man in der Hinterhand hat, sorgt dafür, dass ich meistens nur kurz "anpressen" muss, aber dann schon merke, dass es laufen wird.

Ich werde das so weiterverfolgen und habe die Hoffnung, dass ich durch diesen kleinen "Trick" immer mehr Sicherheit gewinne, sodass dieser "Trick" im Prinzip am Ende gar nicht mehr praktisch angewendet wird, sondern nur noch für die Psyche da ist, um den richtigen Schalter umzulegen.

Was meint ihr dazu?
Rolf
Poweruser
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der 100jährige der im fensterbrett stand und nähte

Beitrag von Rolf »

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Aber bei Spielchen mit dem Unbewussten ist immer die Gefahr dabei, dass man die Rechnung ohne den Wirt macht. Nimm z.b. einen Hund: Der wird kaum auf die Idee kommen, sich mit Seife zu waschen. Der wird halt mit Seife gewaschen, weil Frauchen das gern so sieht! (Riecht.)

Es ist immer eine äußere Komponente beteiligt. Da läuft etwas grundsätzlich falsch (bzw. ist schräg gelaufen). Der neueste Trick meines Urogenitaltraktes ist, dass er sich versteckt. Also wie der Drucker vor dem PC, wenn man so will. Es sind keine Organe mehr da - da kannst du lange pressen.

Jeder mit unserem Prob kann irgendwann mal, weil man sonst nach 14 Tagen tot ist und nicht mehr hier schreibt. Also sollte man sich die Frage stellen, was ist anders, wenn ich denn kann. Ist glaube ich, der einzige zielführende Ansatz.
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