Ein Kampf ist gewonnen, der Krieg noch nicht...

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arnold
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Ein Kampf ist gewonnen, der Krieg noch nicht...

Beitrag von arnold »

Seit einigen Monaten setze ich mich wieder aktiver mit meinen Problemen psychischer Art auseinander, eines davon ist die Paruresis, wahrscheinlich sogar das Hauptproblem am Ende.

Wie man auch in meinen anderen Beiträgen lesen kann plagt mich in diversen Situationen auch ein ständiger Harndrang, sozusagen die manifestierte Angst in Form von Druck im Blasenbereich. Das kann Kino, lange Autofahrten oder sowas sein, alles wo ich nicht gleich weg kann und dazu noch öffentliche Klos vorhanden sind, wo das pinkeln nicht so einfach ist wie daheim.

Nun war ich jetzt eine Zeit lang in den USA und musste feststellen, dass dieser Druck wesentlich geringer ist, wenn ich keine Angst vor den öffentlichen Klos auf dem Weg habe. Dort ist zu 99% eine Trennwand zwischen den Pissoirs und die Dinger sind auch irgendwie größer und komischerweise konnte ich da praktisch immer. Selbst als ich mit einem Freund ZEITGLEICH aufs Klo bin, lief es nach ganz kurzer Zeit einfach, es war wie eine Offenbarung. Das war total entspannend und aufbauend wie ich gemerkt habe, wie die Angst langsam verschwand. Ich wurde dann auch mutiger und habe das etwas ausgetestet. Hier in Deutschland kam ich damals ab dem Punkt am Pissoir zu stehen einfach nicht mehr weiter mit meinen Versuchen. Blöd ist halt, dass hier die Klosituation ganz anders ist und ich habe schon beim ersten Mal gehen am Flughafen in Deutschland gemerkt, dass es mir hier einfach nicht so leicht fällt.

Es war echt Wahnsinn zu spüren, dass ich gelassener und mutiger wurde, das hat mich jetzt so motiviert, dass ich diese Erfahrung (die noch frisch ist) mit hier nach Deutschland nehmen möchte. Die Frage ist nur wie kann ich das schaffen?? Denn mir kommt es echt so vor, als wäre selbst die "Stimmung" in deutschen Klos irgendwie anders, da waren alle sehr zurückhaltend (gefühlt) und hier nicht...?

Hat jemand ähnlich Erfahrungen gemacht oder eine Idee, wie ich meine Fortschritte mit hierher nehmen kann?
Rolf
Poweruser
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Munter wie ein Fisk im Wasser

Beitrag von Rolf »

Schön wieder von dir zu hören.
arnold hat geschrieben:Hat jemand ähnlich Erfahrungen gemacht oder eine Idee, wie ich meine Fortschritte mit hierher nehmen kann?
Nein. In einer meiner mißglückten Therapieversuche hat mir der Dottore angekündigt, er wolle mit mir diesen meinen hohen Streßlevel erkunden. „Wieso sind Sie so nervös?“ Hab danach nix mehr von ihm gehört, wollte auch nimmer...

Da ich die Hintergründe inzwischen alle kenne, können mich alle mal. Und fahre ganz gut damit, es sind immer noch viel zu viele Kontakt- und sonstige Punkte dabei, die mich mit dieser bescheidenen Mitwelt verbinden, dass mir das vollständig reicht.

Die Ami nehmen das alles oberflächiger und dieses schwindende leichtere Lebensgefühl merkt man bereits beim Verlassen der Straßen unserer Nachbarländer. Es reichen ein paar km dtscher Autobahn. Wieso es auch dort Leut mit P. gibt, wissen wir ja. Die Angst manifestiert sich in den Organen, die uns dafür ausgesucht wurden. Das kann der Magen sein, der Darm, der After, die Haut – ja, und eben die Blase.

Deine Frage ist eben die, wie du den Verlust dieser für dich günstigeren Umgebung wettmachen kannst. So Autofahrten sind für mich eines der „roten Tücher“ und wenn es irgend geht, baue ich mir Eselsbrücken, um mich selbst zu überlisten. Ich richte mir Plastikflaschen her und so eine Tüte zum drüber stülpen, und sage mir „diese Raststätten brauchst du ganet benützen“, pinkle dann neben das Häuschen (da iss noch weit schlimmeres zu finden!) und bin von daher bereits derart gut beruhigt ob dieser allumfassenden Vorbereitung, dass ich für Stunden (wirklich!) nimmer muß.

Frohes Pissen in D 8)
arnold
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Registriert: 13. Januar 2004 11:50

Beitrag von arnold »

Hi Rolf!

Ja war ne ganze Weile eher passiv hier weil ich auch nichts wirklich neues zu sagen hatte. Und ich denke es hilft keinem wenn ich dann auch noch anfange die üblichen Probleme runterzubeten ;)

Tja die Herren (und Frauen) Doktoren bringens halt irgendwie nicht... hab das auch in anderen Bereichen schon durch, ab einem gewissen Punkt geben die dann auch auf oder haben keine Lust mehr, rechnet sich auch nicht für die und dann isses eh rum.

Denke auch ich müsste schlicht das etwas gelassenere Leben verinnerlichen... aber das ist sicherlich ziemlich schwer wenn man anders aufgewachsen ist und sein Verhalten schon ewig anders gelernt hat... solche Flaschen im Auto, das hab ich auch schon probiert, das hilft mir aber nicht wenn ich mit mehreren im Auto unterwegs bin. Das wäre mir zu peinlich.

An Autobahnparkplätzen fahre ich schon gar nicht mehr raus (außer es ist megadringend) weil mir das zu eklig ist. Da steuer ich eher die Raststätten an. Ich finde es übrigens super, dass sich diese Bezahlklos dort langsam durchsetzen weil: 1. weniger los ist bei den Männern, 2. meist Trennwände vorhanden sind bei der üblichen Bauart.

Trotzdem sind die Blenden in den USA etwas größer und die Becken auch oder es gibt nur eine Kabine (in kleinen Restaurants oder Läden). Das war für mich echt super. Naja aber nun ist es rum.
Rolf
Poweruser
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Beitrag von Rolf »

Auch (gerade?) ich wiederhole mich ständig. Die Gemeinplätze sind für alle (uninteressant), und für das Spezielle ist es zu individuell. Überspitzt könnte man sagen, hier sind 800 angemeldet, also sind schon mal über 800 Ursachen für P. möglich. Am Ende macht man es für sich.

Sicherlich könnte ich kein, auch nicht irgend ein, Teil von mir im Beisein von 4 korrekt gekleideten Kollegen in einen Plasteeimer stecken. Aber mich beruhigt diese Krücke. Und wenn es funzt, bin ich auch mit einer Scheinlösung zufrieden. Überhaupt ist die Frage mit wie viel, oder wie wenig, gebe ich mich zufrieden? Normal macht man so lange nix, bis man es nimmer aushält.

Dir sind deine mildernden Umstände weg gebrochen, also musst du dir wieder was einfallen lassen. Du hast mindestens drei Möglichkeiten. Zum einen könntest du, um beim Beispiel zu bleiben, von deinen Mitfahrern aus hygienischen Gründen auf Bezahltolletten bestehen. Also ich für meinen Teil wäre in meinem derzeiten Zustand damit bereits gut bedient. Andererseits könntest du versuchen, diesen doch normalen Vorgang von Scham und Ekel zu befreien. Schon etwas anspruchsvoller, möglicherweise. Oder aber, du kommst sogar so weit und kannst dir sagen: Als Arnold darf ich diese "Sauereien" hier!

Es ist wie du sagst, aus diesen eingefahrenen Verhalten bricht man nicht so leicht aus. Ich sehe es noch verschärfter und bin der Ansicht, dass sich diese Verhaltensweisen auch in den körperlichen Funktionen eingraben. Man hat daher nicht nur den eigenen Schweinehund als Gegner. Über diese bigotte Gesellschaft um uns rum fange ich noch net mal an zu reden.
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