Buch: Man(n) hats nicht leicht

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Marco

Buch: Man(n) hats nicht leicht

Beitrag von Marco »

Das Buch "Man(n) hats nicht leicht" ist hier auf der Seite in der Bücherliste aufgeführt.
Habe nun leider vergeblich versucht über den Inhalt etwas herauszufinden.

Hat wer vielleicht das Buch schon gelesen und eine kurze Inhaltserläuterung parat? (wenn es denn lohneswert ist)
Würde mich sehr freuen.

mfg
Marco
Achim

Man(n) hat's nicht leicht

Beitrag von Achim »

Hallo, Marco,

ich habe das Buch „Man(n) hat’s nicht leicht...“ von Frank Kindermann gelesen, nachdem es auf dieser Website als Buchempfehlung enthalten war und damit als themenspezifisch eingeordnet wurde. Das Buch wird von „Books On Demand“ ausgeliefert, d.h. es wird erst auf Anforderung, also bei Bestellung, gedruckt. Noch bis ich mit dem Lesen angefangen habe, habe ich gezweifelt, ob das Buch wohl wirklich etwas mit der Paruresis-Problematik zu tun hat. Nach der einführenden Schilderung seiner Kindheit, kommt der Autor auf Seite 21 dann aber ganz unerwartet wie ein Paukenschlag direkt zum Thema: „So ungefähr im zweiten Schuljahr unternehme ich meinen ersten ernsthaften Versuch, öffentlich zu pinkeln. Es sollte bei dem Versuch bleiben.“ Von da an zieht sich das Thema wie ein roter Faden durch das gesamte Buch. Wie der Untertitel auch andeutet („Die wechselvolle Geschichte von dem Mann, der schlecht loslassen kann“), ist seine Paruresis sogar das zentrale Thema seiner Lebens- und Leidensgeschichte und des ganzen Buches. Immer wieder kommt er darauf zurück. Der Begriff „Paruresis“ wird an keiner Stelle verwendet. Der Autor spricht vielmehr von „Hemmungspinkeln“, Loslassproblem“, „Harneinhaltung“ u.ä. Im Lauf seines Lebens kommen noch andere tiefgehende Ängste hinzu, die sein „Uraltsymptom“ dagegen sogar noch als erträglich erscheinen lassen. Leider bleiben nach meinem Eindruck die Schlüsse, die er in therapeutischen Behandlungen gewinnt, zu oberflächlich dargestellt. Dies ist aber vielleicht Absicht. Kindermann endet sinngemäß mit der Feststellung, dass er gelernt habe, mit seinem Problem umzugehen und dadurch in seinem Leben letztlich ein Stück weit gereift sei. Wenn auch diese Konsequenzen für den Leser etwas enttäuschend sind, so ist die Darstellung des Problems, die Schilderung mancher Begebenheiten und seines Vermeidungsverhaltens zum Teil köstlich. Der Autor schreibt häufig in einer gewissen Selbstironie, Resignation und immer in schonungsloser Offenheit. Die wohl größten Spitzen seiner Verhaltensweisen verschweigt der begeisterte Fußballspieler und Therapeut in der Psychiatrie dann aber doch, wenn er auf Seite 87 sagt: „Natürlich treibt mein Verhalten noch weitere Blüten. Aber die möchte ich mir und dem Leser ersparen.“

Ich halte das Buch für einen Paruretiker für durchaus lesenswert. Unterhaltsam ist es allemal. Dank der klaren Sprache kann man es flüssig lesen. Eine Lösung oder eine Gebrauchsanleitung zur Überwindung der Paruresis darf man sich durch die Lektüre aber nicht erhoffen. Vielmehr wird hier jeder Betroffene, so wie der Autor auch, seinen eigenen Umgang mit dem Problem finden müssen. Indem man einen halbwegs erträglichen Umgang im Alltag damit findet, gibt man dieser Angstform in seinem Leben vielleicht auch nicht mehr ganz den Raum, den sie vielfach schon eingenommen hat.


Achim
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