Verdammt, es wird immer schlimmer...wie läuft es bei Euch?

Hier gibt es alles zum Thema psychische Entleerungsstörung
Antworten
Phill

Verdammt, es wird immer schlimmer...wie läuft es bei Euch?

Beitrag von Phill »

Hi, Freunde der plätschernden Zunft!
Ich beobachte dieses Forum seit geraumer Zeit. Anfangs glücklich, endlich zu wissen es geht nicht nur mir so, ich bin nicht alleine mit diesem Mist, dem geht es auch so, ja der spricht mir aus tiefster Seele, anderen geht es noch schlimmer wie mir usw.. Dann die schlimmste Erkenntnis, mein Leben gerade in Bereichen des öffentlichen Lebens ist ganz wesentlich von dieser Paruresis anstatt von freiem Willen bestimmt ist. Erst durch die Beschäftigung mit den Themen Paruresis, Angst, Selbstbeobachtung, dem „es endlich loswerden“ wollen, dem „es laufen lassen“ wollen ist die Geschichte richtig heftig geworden. Viele Situationen, die ich früher „irgendwie“ schon hinbekommen habe sind heute ein ernstes Problem. Betriebliche Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Volksfeste, Ausgehen und dergleichen. Vor einiger Zeit noch mit den uns allen bekannten Strategien gemeistert, werden jetzt zu einem Problem, erfordern hohe Motivation daran teilzunehmen, erzeugen Unbehagen und Nervosität. -Ich weiss schon, Ziele zu hoch gesteckt und trallalla...aber wie weit nach unten soll es denn noch gehen?
Ich übe bei allen passenden Gelegenheiten und „halte den Ball flach“, es gibt Erfolge, der Alltag ist aber manchmal erbärmlich – und, solange ich nicht „öffentlich“ pinkeln muß oder daran denken muß, dass ich muß - normal und schön.
Verdammt, es wird immer schlimmer...wie läuft es bei Euch? Ist das ein normaler Verlauf bei mir? Wann kommt die Wende?
Ich bin glücklich verheiratet, Vater von 2 lieben Kindern und 45 Jahre alt.
Mit plätschernden G®üssen
Phill
Rolf
Poweruser
Beiträge: 231
Registriert: 30. März 2004 19:21

Beitrag von Rolf »

Hallo Phill,

auch ich bin ungefähr in deinem Alter, mit Familie und einem normalen Alltag – was immer das sein soll. Zeitweise meine ich wie du zu glauben, es würde schlimmer werden. Dann frage ich mich, was tatsächlich schlimmer wird. Und komme nach der einen oder anderen Überlegung zum Schluß, dass ich weniger mit mir ins Gericht kommen sollte, wir haben das nicht verdient (um diesen abgedroschenen Allgemeinplatz auch noch zu zitieren), und bin dann wieder ganz zufrieden mit mir. An übertriebenem Selbstwertgefühl leidet hier wohl niemand...

Es ist schon angenehmer zu wissen, anderen geht es genauso, hier fällt doch bereits einiges an Druck ab, nicht vergessen! Möglicherweise greifen deine Strategien inzwischen weniger gut, das liegt eben an deiner veränderten Sicht der Dinge. Schau nach neuen – mit kleinen Schritten. Nach unten ist immer steigerungsfähig, das ganze ist ziemlich besch... angelegt.

Jemand mit Bananenallergie entdeckt seine Liebe zum Gemüse. Also frage ich mich, was fehlt mir überhaupt an Vergnügungen oder Gemeinsamkeiten. Berechne, wie lange ich ohne kann, gebe eine Frist hinzu für die unvorhergesehenen günstigen Gelegenheiten, und sehe, das ist doch eine ganze Menge Zeit. Viel mehr wie früher.

Über den „freien Willen“ schreibe ich hier nichts, das ist ein Gespenst. Meist ist damit doch gemeint, jemand anderem seinen Willen aufzwingen. Man kann ja oder nein sagen. Stillstehen geht nicht, also macht man weiter. Eine gute Idee ist vielleicht, sich zu fragen, aus welcher Richtung kommt das Leiden, das ist individuell verschieden, meine ich. Meine Bestrebungen, mir von außen helfen zu lassen, sind (bisher) gescheitert.

Da habe ich noch einen, zu dem Leiden (weiß leider nimmer woher): Letztlich bleibt die Subjektivität der Personen verhüllt, ihre Wünsche zeigen sich nur negativ in ihren Leiden.

Gruss Rolf
Matthis

Beitrag von Matthis »

Als ich vor knapp 3 Jahren zum ersten Mal das Paruresis-Forum (nicht das hier, sondern das ältere, europäische) entdeckte und dann alles darüber las und mir mein Problem voll bewusst machte, ist es danach auch erstmal wieder eine ganze Weile schlechter geworden. Aber das hat sich irgendwann gegeben und seitdem geht es stetig aufwärts, ohne, dass ich jetzt großartig meine einstellung geändert hätte. also kopf hoch und nicht unterkriegen lassen!
hans

DITO

Beitrag von hans »

DITO
Christian2501

Ähnliches Problem

Beitrag von Christian2501 »

Hi Leute!
Bin 24 Jahre alt und habe mich schon länger mit dem Thema beschäftigt.
Während ich diese ganzen Forenbeiträge lese, hab ich das Gefühl, dass die Hemmschwelle noch größer ist.
Ich denke dass ist bei vielen Dingen so, dass sie erst zum Problem werden, wenn man sich intensiv mit ihnen auseinander setzt.
Hoffe natürlich wie alle anderen auf eine Besserung meines Problems.
Habe schon oft über diese Symptomatik nachgedacht und dabei kurioses festgestellt:

Ich kann z.b. im Sommerurlaub ohne Problem auf dem Hotelklo pinkeln, während die Tür halb offen steht und meine Freundin im Hotelzimmer sitzt und mein Tun auch sicherlich auch hört. :)

Auf der anderen Seite habe ich schon seit geraumer Zeit das bekannte Problem in Clubs/Bars etc, am Pissoir zu pinkeln, wenn schon jemand dort steht und verzieh mich dann in die Kabine, dann läufts meistens, manchmal aber auch nur unter Anstregung. :oops:
Ätzend, wenn freunde dann fragen, wo man solange war und man Ausreden erfindet, weil man nicht mit der Wahrheit rausrücken möchte.

Im Sitzen klappts im Übrigen bei mir besser als im Stehen (Eine Bekannte, die Arzthelferin beim Urologen ist, meinte mal, dass es für Männer auch gesünder ist, im Sitzen zu pinkeln, weil sich die betreffenden Muskeln besser entspannen)

Und noch ne Sache:
Habe manchmal das Gefühl, dass das Pinkelproblem nicht immer auftritt, wenn ich z.b. im Sommer auf ner garten-party bin und draussen pinkeln gehen möchte und Kumpels das mitbekommen und dann mitwollen( was eigentlich störend sein könnte), reicht es mir, dass ich ca. 5 Meter weiter weg stehe. Dann läufts ohne Probleme... :?:
Und die Kumpels merkens auch nicht, weil eine gewisse Imtimsphäre ja völlig normal ist.
Woran kann das liegen?
Könnte das an der Räumlichkeit liegen, viele hier können ja einfach nicht im geschlossenen Räumen...

Mich würde mal interessieren, ob es euch ähnlich geht, gerade in Bezug auf die Sache mit der Freundin.

Grüße an alle Gleichgesinnten 8)
Rolf
Poweruser
Beiträge: 231
Registriert: 30. März 2004 19:21

Re: Ähnliches Problem

Beitrag von Rolf »

@ Christian
Christian2501 hat geschrieben: Ich denke dass ist bei vielen Dingen so, dass sie erst zum Problem werden, wenn man sich intensiv mit ihnen auseinander setzt.
...die ganze Kunst ist, den Elefant in der Tür zu übersehen.
Skorg
User
Beiträge: 8
Registriert: 29. Januar 2006 19:47

Beitrag von Skorg »

Je mehr ich hier die Berichte von vielen Lesen, desto mehr bin ich der Meinung, dass es wirklich nicht am Selbstwertgefühl liegen muss.
...die ganze Kunst ist, den Elefant in der Tür zu übersehen.
Ja, nicht nur zu übersehen, man muss eine Einstellung entwickeln, die den Elefanten sogar einlädt mit anzusehen und -zuhören, was einem so schwierig fällt.

Erst kann man nicht, weil manman Angst vor den anderen hat, dann hat man Angst vor der Angst, dann folgt die Selbstentwertung und schließlich weiß man nicht mehr, warum man eigentlich nicht kann.

Übrigens:
Wenn ich früher mit einem Kumpel aufs Klo gegangen war, war mein "Trick" immer, dass ich mit ihm anfing über belangloses, alltägliches oder was grade angesagt ist zu plaudern. Dann währrendessen pisste ich fast zeitgleich mit ihm los.
Phill
User
Beiträge: 8
Registriert: 27. Januar 2006 16:44

was tun, damit es besser wird

Beitrag von Phill »

Was kann ich tun, damit es besser wird?
Einen Pee-Buddy suchen, aber irgendwie hab ich da ein Problem, wenn ich mir vorstelle mich mit einem
wildfremden Mann zu verabreden um dann zusammen Herrentoiletten zu besuchen und Pinkelübungen zu machen.
Man muss sich doch erst kennenlernen und Vertrauen aufbauen usw..
Ich kann mich irrgendwie nicht dazu überwinden.
Manchmal, wenn ich so durch die Fußgängerzone schlendere schaue ich mir dann so
jeden zehnten Artgenossen an und bei der Vorstellung, der wäre es jetzt....
nee, irgendwie bekomme ich da Beklemmungen, da schauderts mir...nee,das ist es nicht.

Hat das denn einer von Euch schon einmal durchgezogen?
Wie ist das gelaufen?
Dankbar für ermutigende Antworten und Alternativen grüsst Euch

Phill
andi53
Newbie
Beiträge: 2
Registriert: 28. Januar 2006 23:41
Wohnort: Erfurt

Beitrag von andi53 »

Hallo !

Also mit dem Buddy hätte ich auch so meine Probleme. Ich kann es mir nur sehr schwer vorstellen, dass es mir dabei hilft. Mit der Zeit wird der Buddy auch zur vertrauten Person und hilft einem dann doch nicht mehr bei der Überwindung vor fremden Personen.
Es ist ebenfalls eine menge Zeit zu investieren und irgendwie (entschuldigt bitte) würde ich mir dabei lächerlich vorkommen, was ja auch nicht gerade hilfreich ist.
Ich versuche zur Zeit diese "Therapie" mit der Steigerung der angstbringenden Situation (wie in der Literatur beschrieben) jedoch alleine. Rückfälle sind vorprogrammiert, aber ich habe Zeit.
Genau so langsam wie sich mein Gehirn diese dumme Angewohnheit angewöhnt hat, genauso langsam muss sie auch abzugewöhnen sein.
Im übrigen würde ich gerne mal mit einigen Betroffenen hier persönlich mal reden, nicht nur so übers Forum. Vielleicht könte man sich ab und zu mal treffen und die Gedanken lebhafter austauschen ? Solche Treffen gibt es doch bei anderen Problemen der Menschheit massenhaft. Wäre vielleicht dem ein oder anderen hilfreich.
Und zum Schluß die Frage die mich zur Zeit am meisten interessiert: Hat es eigentlich schon einer geschafft von Paruresis (wie auch immer) wegzukommen ? Bis jetzt habe ich davon hier noch nichts gelesen.

Bis bald.
bjb06
User
Beiträge: 8
Registriert: 1. Mai 2006 02:19

Beitrag von bjb06 »

Geht mir auch so, kann es mir nicht wirklich vorstellen mich mit einem Unbekannten zum Pinkeln zu treffen.

Mangelndes Selbstwertgefühl ist, denke ich, sicher keine Voraussetzung für Paruresis (und auch für von den Sympthomen ähnliche psychische Krankheiten), aber es kann jemanden schneller dazu führen. War mal bei einem Psychologen wegen meiner Paruresis (bin 24, hab das sicher schon 7, 8 Jahre), er meinte jemand wie ich trete nicht mit derselben Aggressivität an ein Pinkelbecken wie andere. Ich soll mir dabei sagen "So Leute, haut mal ab hier, ich will jetzt pinkeln" :D Schliesslich ist es ja auch das Recht eines jeden, seinen natürlich Bedürfnissen nach zu kommen. Ich konnte z.T. auch nicht in Kabinen pinkeln, als ich das erste mal bei meiner Freundin übernachtete wollte ich doch tatsächlich nach draussen rennen... sie war zum Glück verständnisvoll und ich habe ihr dann von meinem Problem erzählt, was mir SEHR geholfen hat.
Dennoch, auch nach der Therapie kann ich nicht an Urinalen, aber in Kabinen, ich sage mir immer "du gehst hier nicht raus bevor zu fertig bist, egal wie lange das dauert". So was hilft auch.

Denn mal ehrlich, welchen wildfremden Mann interessiert es, was ein anderer auf dem Klo macht. Am Pissbecken ist das genauso. Ich glaube, nur positive Erfahrungen, die die Ängste unnötig und unbegründet erscheinen lassen, helfen einem weiter, d.h.: Üben!
Ich fühle mich schon dann sehr viel besser, wenn ich einfach auch ohne zu pinkeln am Urinal stehen bleiben kann, während sich ein anderer neben mich gesellt und später wieder verschwindet. Natürlich ist das alles viel leichter gesagt als getan....

Dennoch: Ein erfolgreicher Heilungsfall würde mich auch interessieren...

Viel Erfolg und alles Gute
BB
zefiro39
Poweruser
Beiträge: 220
Registriert: 17. März 2005 10:52
Wohnort: München

Beitrag von zefiro39 »

Ich hab mich länger hier im Forum nicht blicken lassen, nun melde ich mich mal wieder zu Wort...

Hm, ich kann eigentlich nicht sagen, dass es bei mir schlimmer oder besser wird. Eher würde ich sagen: die Paruresis-Intensität schwankt. Mal gehts schlechter, mal gehts besser.

Zur Zeit habe ich besonders große Probleme, wenn ich bei Bekannten in deren Wohnung bin (problematisch ist es, wenn die Wohnung klein ist und die Toilette nah an dem Raum, in dem sich die anderen Leute aufhalten). Leider klappt es in diesen Fällen fast gar nicht.

Stattdessen habe ich zur Zeit weniger Schwierigkeiten auf belebten Toiletten in Großstädten. Ich gehe zwar immer in die Kabine (finde die Benutzung von Pissoirs eigentlich sowieso nicht wünschenswert), aber es stört mich dann nicht sonderlich, wenn draussen die pinkelnden Massen herumrumoren. Wichtig ist aber, dass es mehrere Kabinen gibt, sodass ich nicht das Gefühl habe, dass sich wegen mir draussen eine Schlange bilden könnte.

Am hinderlichsten ist es somit für mich derzeit, wenn jemand "auf mich wartet" - also ein gewisser Zeitdruck entsteht. Wartet niemand, bin ich in wenigen Sekunden fertig. Sobald ich das Gefühl habe, dass jemand warten könnte, dann läuft nichts mehr.

Leider führt gerade das Problem mit den Wohnungen von Bekannten oft zu unangenehmen Begleiterscheinungen: ich habe schon oft eine an sich nette Party vorzeitig verlassen müssen. Ausserdem übernachte ich ungern bei anderen Leuten in der Wohnung, da ich vorher nicht abschätzen kann, ob ich nachts pinkeln werde können. (allein die Vorstellung, der Wohnungsinhaber könnte wach werden und lauschen, wie lange ich auf der Toilette brauche, bringt meinen Urinstrahl zum versiegen - auch nachts, in der völlig ruhigen Wohnung).
Besser funktioniert es, wenn die Toilette in einem anderen Stockwerk ist (und somit nicht so genau nachverfolgt werden kann, was ich genau tue).

Viele Grüße,
Martin
Antworten