Medikament zur Verminderung der Harnproduktion auf längeren Reisen?

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sarutos
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Medikament zur Verminderung der Harnproduktion auf längeren Reisen?

Beitrag von sarutos »

Da ich auf Toiletten in Zügen und Flugzeugen nicht kann, habe ich bislang auf längeren Reisen Stunden vor der Abfahrt meine Flüssigkeitsmenge so gedrosselt, dass ich (leicht) dehydriert die Reise antrat und kurz vor der Abfahrt/Abflug noch auf das WC ging. Auf der Reise selbst trinke ich dann kaum etwas. So kann ich dann längere Reisen mehr oder weniger gut überstehen.

Jedoch frage ich mich, ob es nicht bessere Lösungen gibt, da auch eine leichte Dehydration nicht wirklich gesund ist.

Ich habe von dem Medikament bzw. Wirkstoff Desmopressin gehört, das bei Bettnässern eingesetzt wird. Desmopressin verringert die Urinproduktion (vgl. Wikipedia oder doccheck.com).

Meine Theorie ist, dass ich vor der Reise ganz normal trinke, sodass ich nicht dehydriert bin, das Medikament eine Stunde vor Reisebeginn nehme, kurz vor Reiseantritt auf Toilette gehe und so z.B. eine 8-stündige Reise ohne Harndrang überstehen kann.

Hat jemand vielleicht dazu schon Erfahrungen gemacht?

Ich befürchte jedoch, dass Desmopressin dann doch zu wenig wirksam ist, sodass die Urinproduktion nicht in dem Masse verringert wird wie gewünscht.
Alex Beisenherz
Medizinischer Experte
Beiträge: 66
Registriert: 9. März 2018 16:19
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Re: Medikament zur Verminderung der Harnproduktion auf längeren Reisen?

Beitrag von Alex Beisenherz »

Hallo Sarutos,

vom Prinzip her ist das ganz richtig, Desmopressin veringert tatsächlich die Urinproduktion. Durch die Einnahme greift man aber in den sehr empfindlich regulierten Elektrolytstoffwechsel ein. Im schlimmsten Fall kann es bei fehlender Ausscheidung zur Wasserverdüngung des Blutes kommen und damit einer Verminderung der Natriumkonzentration (Hyponatriämie). Dies wiederrum kann Herzrhythmusstörungen oder Hirnödeme erzeugen, was auch als seltene Nebenwirkungen angegeben ist.

Daher würde ich von der Einnahme abraten. Da es auch für das Medikament Zulassung bei Paruresis gibt, würde es sich sowieso um einen Off-lable-use handeln, was rechtliche Konsequenzen (Regressforderungen, Schadensersatzforderungen) für den verschreibenden Arzt bedeuten könnten. Die Einnahme ist also medizinisch nicht nur bedenklich, sondern es wird schwierig sein überhaupt einen Arzt zu finden, der einem das Medikament verschreibt.

Warum daher nicht auf die bewährten Behandlungsprinzipien bei Paruresis zurückgreifen?
Das medizinische Mittel der Wahl in schweren Fällen ist das Erlernen der Einmalkatheterisierung (Ansprechpartner ist hier der Urologe).
Hierzu gibt es im Forum gute Erfahrungsberichte (https://www.paruresis.de/forum/viewtopic.php?f=2&t=1326)
Natürlich ist dies nur eine symptomatische Behandlung und keine Behandlung der Ursachen der Problematik. Dennoch kann dieser Schritt ernormen Zugewinn an Lebensqualität erzeugen und Betroffene erstmalig die Möglichkeit geben überhaupt an einem Workshop oder einer Verhaltenstherapie mit graduierter Exposition teilzunehmen.

Herzliche Grüße und viel Glück und Mut bei der Überwindung dieser Problematik
Alex Beisenherz
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
ärztlicher Psychotherapeut
Verhaltenstherapie, EMDR
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